Arterhaltung

Kurz erklärt*

Viele Tierarten sind vor allem durch anthropogene Einflüsse ganz oder teilweise aus ihrem ursprünglichen Verbreitungsgebiet verschwunden. Foto: A. Schmidt

Neben der Produktion von Fischen, Krebs- und Weichtieren für den menschlichen Verzehr oder Besatzmaßnahmen für die Angelfischerei werden in Aquakulturen auch Tiere zum Zweck der Arterhaltung gehalten und aufgezogen. Diese Sicherung der genetischen Vielfalt vor dem Aussterben wird als ex situ Haltung bezeichnet (IUCN 2013). Die Methoden dieser Form der Haltung und Aufzucht unterscheidet sich von denen der kommerziellen Aquakultur, da die Aufzucht sich nicht an dem Wachstum und der zügigen Geschlechtsreife sowie hoher Stressresistenz orientiert, sondern auf genetische Anpassung an den Wildbestand, ein möglichst naturnahes Verhaltensrepertoire und Toleranz gegenüber variablen Umweltbedingungen statt der Anpassung an möglichst stabile Haltungsbedingungen fokussiert. Diese Anpassung ist notwendig, da  die Tiere nach Erreichen einer bestimmten Größe in natürliche Gewässersysteme ausgesetzt werden (Besatz) und somit in Konkurrenz zu den lokalen Wildfischen stehen und dem Einfluss von Räubern unterliegen. Die Elterntierbestände werden zu diesem Zweck entweder dauerhaft in  gehalten (ex situ) oder aus freier Wildbahn entnommen und reproduziert.

Viele Tierarten sind vor allem durch anthropogene Einflüsse ganz oder teilweise aus ihrem ursprünglichen Verbreitungsgebiet verschwunden. Die Gründe hierfür können vielfältig sein. Der Habitatverlust (z. B. Baumaßnahmen zur Begradigung von Flüssen, Verunreinigungen, Strukturverlust duch Abrennung von Nebengewässern), der Verlust der Durchgängigkeit von Gewässern (z. B. Wasserkraftwerke) sowie Überfischung gelten u. a. als wichtige Ursachen. Zur Arterhaltung bedrohter oder zur Wiederansiedelung verschwundener Arten werden besonders Jungtiere gezielt in die entsprechenden Gewässersysteme ausgesetzt. Oft werden sie mit Markierungen versehen, um durch Probebefischungen in den folgenden Jahren den Erfolg der Maßnahmen beurteilen zu können.

Ein bekanntes Beispiel liefert das Programm zur Wiederansiedlung von Stören. In vielen Ländern gibt es Bemühungen zum Erhalt und zur Wiedereinbürgerung der einheimischen Störarten. Besonders hervorzuheben ist das deutsch-französische Programm (IGB, Berlin und IRSTEA, Frankreich) zum Arterhalt des Europäischen Störs (Acipenser sturio), der nur noch in einer einzigen „Relikt“-Population in der französischen Gironde zu finden ist und durch die Haltung von Elterntieren, nachfolgender Nachzucht von Jungtieren und deren Auswilderung wieder in seinem ehemaligen Verbreitungsgebiet in Mitteleuropa etabliert werden soll. Vergleichbare Bemühungen finden für den Baltische Stör (A. oxyrhinchus) statt, der in einem umfassenden ostseeweiten Projekt in den Einzugsgebieten der  Flüsse Oder, Weichsel, Pregel, Nemunas, Daugava, etc. wiederangesiedelt wird. Ziel solcher Maßnahmen ist die Etablierung sich selbst erhaltender Bestände (Pan-Europäischer Aktionsplan zum Schutz und zur Erhaltung der Störe, Berner Konvention 27.09.2018).

Ein weiteres Beispiel liefert der Europäische Aal (Anguilla anguilla). Dieser wird seit 1998 in der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN als „vom Aussterben bedroht“ geführt wird. Die Bestände haben sich aber nach wie vor nicht erholt. Durch die Initiative zur Förderung des europäischen Aals e. V. wurde ein Nachhaltigkeitskonzept entwickelt. Dieses sieht vor, dass für jeden im Handel verkauften Aal drei Jungaale in deutsche Gewässer ausgesetzt werden, um so den Bestand zu stabilisieren und zu sichern. Die Wirksamkeit solcher Maßnahmen ist umstritten, da die Aale im Besatzgewässer einer hohen anthropogenen Sterblichkeit unterliegen können (Räuberdruck, Fischerei, Wasserkraft). Besatzmaßnahmen sind also nur erfolgsversprechend, wenn die Gründe für das Verschwinden beseitigt werden (z. B. Renaturierung, Fischtreppen, Regulierung der Fischerei).

Um die Fitness der Tiere zu erhöhen, werden  vor dem Besatz mitunter vorbereitende Maßnahmen ergriffen (Training), um die Akklimatisationsphase beim Besatz zu minimieren und die Durchsetzungsfähigkeit in der „Wildnis“ zu erhöhen.

 

* Hier geben wir einen kurzen Einblick in ein Themenfeld. Ein Hauptartikel mit umfassenden Informationen nach den Standards von Aquakulturinfo befindet sich in Vorbereitung. Hier lesen Sie bald mehr über die Rolle der Aquakultur bei der Arterhaltung  …

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