Auf einen Blick: Ethoxyquin
Ethoxyquin ist ein Futtermittelzusatzstoff, der häufig Fischmehl beigemischt wird bzw. wurde. Durch die anti-oxidativen Eigenschaften wird das „Ranzigwerden“ der enthaltenen Fette vermieden und die Sicherheit bei Lagerung und Transport erhöht. Als Zusatzstoff wurde Ethoxyquin (E 324) in der EU im Futter zugelassen. Studien haben gezeigt, dass das fettlösliche Ethoxyquin vom Futter in den Fisch übertragen und zum Teil im Körperfett eingelagert wird.
Ethoxyquin war bis 2011 als Pestizid zugelassen und wird nach EG-Verordnung als akut toxisch (oral) und gesundheitsschädlich bei Verschlucken eingruppiert. Dementsprechend war hier der Verbraucherschutz möglicherweise nur unzureichend sichergestellt. Auf Grund der unzureichenden Datenlage bezüglich der Toxizität von Ethoxyquin, wurde die Zulassung von Ethoxyquin als Futtermittelzusatz ausgesetzt (Übergangsfrist bis 31.03.2020).
Detaillierte Informationen finden Sie im Haupttext.
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Was ist Ethoxyquin?
Ethoxyquin (1,2-Dihydro-6-ethoxy-2,2,4-trimethylchinolin) ist ein Aromat aus der Gruppe der Chinoline. In den frühen 1920er-Jahren entwickelt, verhinderte es in der Reifenproduktion das oxidationsbedingte Brüchigwerden der noch größtenteils aus Naturkautschuk hergestellten Reifen. In den 1950er-Jahren wurde Ethoxyquin dann auch in der Futtermittelherstellung verwendet, um dort die natürliche Autoxidation von Fetten (z. B. einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren) und Vitaminen (z. B. Carotinoiden), das sogenannte Ranzigwerden, zu unterbinden.
Ethoxyquin im Futter
Durch natürliche Oxidationsprozesse verlieren die im Futter enthaltenen Fette und Lipide nicht nur an Wert für die Ernährung, es kommt auch zu einer Beeinträchtigung des Geschmacks und folglich oft auch zu reduzierter Futteraufnahme und Verdaulichkeit (siehe Artikel pelletierte Futtermittel). Deshalb werden besonders empfindliche Komponenten wie Fischmehl häufig schon während der Produktion mit Ethoxyquin versetzt. Dies schützt die enthaltenen ungesättigten und mehrfach ungesättigten Fettsäuren (u. a. Omega-3-Fettsäuren) vor Oxidation und verlängert somit die Haltbarkeit des Produktes.
Oxidationsprozesse können zu einer erheblichen Wärmeentwicklung bei Lagerung und Transport von Fischmehl führen und stellen damit eine Explosions- bzw. Brandgefahr dar. Laut dem Internationalen Code für die Beförderung von Schüttgut über See (IMSBC-Code) darf Fischmehl als Ladung „nur zur Beförderung angenommen werden, wenn sie zur Verhütung der Selbstentzündung stabilisiert worden ist, indem ihr zum Zeitpunkt der Herstellung, der höchstens 12 Monate vor dem Versand gelegen haben darf,
1) entweder zwischen 400 und 1.000 mg/kg (ppm) Ethoxyquin
2) oder zwischen 1.000 und 4.000 mg/kg (ppm) Butylhydroxytoluol
erfolgreich beigemengt worden sind und die zum Zeitpunkt des Versands noch verbliebene Antioxidant-Konzentration mindestens 100 mg/kg (ppm) beträgt“. Durch den Einsatz von Antioxidationsmitteln wie Ethoxyquin wird also nicht nur die Lagerfähigkeit verbessert, sondern auch die Sicherheit im Umgang erhöht.
Ethoxyquin wurde gemäß der Richtlinie 70/524/EWG unbefristet als Futtermittelzusatzstoff für alle Tierarten und -kategorien zugelassen und gemäß Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 als bereits bestehendes Produkt in das Register der Futtermittelzusatzstoffe eingetragen. Als Zusatzstoff wurde Ethoxyquin (E 324) gemäß § 16 Futtermittelverordnung in Verbindung mit dem Gemeinschaftsregister/VO (EG) Nr. 2316/1998 mit einem Höchstgehalt von 150 mg/kg (Hundefutter 100 mg/kg) im Futter zugelassen. Dieser maximal zulässige Gehalt an Antioxidationsmitteln in Futtermitteln galt auch für Kombinationen von Ethoxyquin und anderen Zusatzstoffen, wie z. B. Butylhydroxianisol (E 320) oder Butylhydroxitoluol (E 321).
Aufgrund der unklaren Datenlage zur Toxizität von Ethoxyquin und entsprechender Nebenprodukte (s. u.) führte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, EFSA, nach der Richtlinie 70/524/EWG aus der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 (Futtermittelzusatzstoff-Verordnung) eine erneute Sicherheitsbewertung aller zugelassenen Futtermittelzusatzstoffe durch, die auch Ethoxyquin behandelt. In dem im Oktober 2015 veröffentlichten Gutachten der EFSA wurde festgestellt, dass es auf Grund der Datenlage nicht möglich ist, die Unbedenklichkeit des Zusatzstoffs Ethoxyquin für alle Zieltierarten, sowie für Verbraucher und die Umwelt zu gewährleisten. Besonders ρ-Phenetidin, eine Verunreinigung des Zusatzstoffs Ethoxyquin, gilt als mögliches Mutagen.
Laut der Durchführungsverordnung der Europäischen Kommission vom 08.06.2017 (2017/962) zur Aussetzung der Zulassung von Ethoxyquin als Futtermittelzusatzstoff für alle Tierarten und Tierkategorien „ist folglich nicht nachgewiesen, dass sich der Zusatzstoff [Ethoxyquin, Anm. d. Red.] bei Verwendung unter den vorgeschlagenen Bedingungen nicht schädlich auf die Gesundheit von Mensch und Tier oder auf die Umwelt auswirkt“. Weiter heißt es in der Verordnung: „Da die weitere Verwendung des Zusatzstoffs Ethoxyquin ein Risiko für die Gesundheit von Mensch und Tier sowie für die Umwelt darstellen könnte, sollten der Zusatzstoff und die ihn enthaltenden Futtermittel so bald wie möglich vom Markt genommen werden.“
Dementsprechend wurde die Zulassung von Ethoxyquin als Futtermittelzusatzstoff gem. Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 mit der neuen Verordnung (EG) Nr. 2017/962 vom 08.06.2017 ausgesetzt (Inkrafttreten am 28.06.2017).
„Ein sofortiges Ersetzen von Ethoxyquin durch geeignete alternative Antioxidantien ist offenbar nicht möglich, da die derzeit zugelassenen alternativen Antioxidantien, von denen sich zahlreiche noch im Prozess der Neubewertung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 befinden, nicht dieselben Eigenschaften wie Ethoxyquin aufweisen;…“ (EG 2017/962). Aus diesem Grund wurde eine Übergangsbestimmung erlassen, welche die bestehenden Bestände von Ethoxyquin und entsprechend angereicherte Futtermittel betrifft. Diese dürfen bis zum bis 28.03.2018 (Futtermittel) bzw. bis zum bis 28.12.2017 (Ethoxyquin-Bestände) weiterhin in Verkehr gebracht werden.
Abweichende Regelungen gibt es für „Ethoxyquin und ihn [Ethoxyquin – Anm. d. Red.] enthaltende Vormischungen, die in die Einzelfuttermittel eingearbeitet werden sollen, welche unter Eintrag 7.1.2 und unter Kapitel 10 des mit der Verordnung (EU) Nr. 68/2013 der Kommission (1) geschaffenen Katalogs der Einzelfuttermittel aufgelistet sind“ (EG 2017/962). Entsprechende Mischfuttermittel dürfen mitunter bis 31.03.2020 in Verkehr gebracht werden und müssen bis spätestens drei Monate nach Ablauf dieses Datums verwendet worden sein.
Transfer vom Futter zum Fisch
Mit dem Futter aufgenommenes Ethoxyquin wird in der Leber nur wenig verändert. Neben der Reinsubstanz werden zwei Moleküle Ethoxyquin chemisch zu einem sogenannten Dimer verknüpft. Dieses wird dann im Gewebe (v. a. fetthaltige Gewebe) eingelagert (98 %). Das Dimer des Ethoxyquins ist schwerer abbaubar und wird in geringerer Menge ausgeschieden (Halbwertszeit T1/2 > 14 Tage) als Ethoxyquin (T1/2 2,4 Tage). Deshalb wird das Dimer auch nicht während der üblichen Aushälterung vor der Schlachtung (Vermeidung von Off-Flavour – bei Lachsen für gewöhnlich 14 Tage ohne Fütterung) eliminiert. Im Gegenteil, während der Aushälterung wird ein Teil des Ethoxyquins in Dimere umgewandelt und eingelagert. Dabei korreliert die Konzentration an eingelagerten Dimeren direkt mit dem Fettgehalt der untersuchten Gewebe. Das heißt in fetthaltigen Geweben wird neben dem Ethoxyquin selbst auch besonders viel Dimer eingelagert. Die höchsten Konzentrationen sind demnach im viszeralen Fett- bzw. Darmgewebe (Fettgehalt > 25 %) der Tiere zu finden, gefolgt von Muskeln (Fettgehalt um 10 %) und Leber (Fettgehalt um 5 %).
Ist Ethoxyquin gesundheitsschädlich?
Die Frage drängt sich auf, wenn man bedenkt, dass Ethoxyquin bis 2011 auch als Pestizid zugelassen war. So wurde Ethoxyquin zum Schutz vor Schalenfäule bei Birnen in Gewächshäusern eingesetzt.
In langfristigen Fütterungsversuchen (3 – 30 Monate) konnte im Säugermodell – ab 200 mg/kg Körpergewicht bei Ratten und 10 mg/kg bei Hunden – degenerative und pathologische Veränderungen der Leber, Schilddrüse und Niere, verminderte Futteraufnahme und Dehydration nachgewiesen werden.
Eine orale Zufuhr von großen Mengen Ethoxyquin kann entsprechend auch für den Menschen gesundheitsgefährdend sein. Daher wird Ethoxyquin in die Kategorie 4 der EG-Verordnung 1272/2008 (akute Toxizität oral – nach R22 EU-Richtlinie 67/548/EWG und 1999/45/EG – Gesundheitsschädlich – Gefahrenbezeichnung H302, Gesundheitsschädlich bei Verschlucken) eingruppiert. Die einzigen gesundheitlichen Probleme (Dermatitis – entzündliche Reaktion der Haut) traten bisher nur bei Farmarbeitern auf, die über einen längeren Zeitraum mit Ethoxyquin gearbeitet hatten.
Da Ethoxyquin und sein Dimer lipophil sind, lösen sie sich besonders gut in fetthaltigen Geweben und unpolaren Substanzen. Deshalb wird befürchtet, dass Ethoxyquin aus dem Fischfutter sich in fettreichen Fischen anreichert und dann eine Gefahr für den Menschen darstellt.
Aufgrund der unklaren Datenlage zur Toxizität von Ethoxyquin stellt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) fest, dass eine abschließende Bewertung des Zusatzstoffes für alle Tierarten und den Verbraucher derzeit nicht möglich ist. Seit dem 28.06.2017 ist die Zulassung von Ethoxyquin (Durchführungsverordnung EG 2017/962) ausgesetzt, da potentiell ein Risiko für Mensch und Tier, sowie für die Umwelt entstehen könnte; Ethoxyquin soll sobald wie möglich (siehe Übergangsfristen) vom Markt genommen werden.
Ist es sicher, Fische zu essen, die mit ethoxyquinhaltigem Futter aufgezogen wurden?
Seit Ethoxyquin nicht mehr als Pestizid zugelassen war, gilt auch die bis 2011 in der Rückstands-Höchstmengenverordnung (RHmV, Anlage 5, § 1 Abs. 4 Nr. 1) maximal zulässige Konzentration von 0,01 mg/kg für Lebensmittel nicht mehr. Ohne festgelegte Höchstmenge war der Verbraucherschutz bis zur Aussetzung der Genehmigung zur Verwendung von Ethoxyquin als Futtermittelzusatzstoff (Inkrafttreten am 28.06.2017) hier möglicherweise rechtlich unzureichend sichergestellt. Als Orientierung diente der zuletzt 2005 vom JMPR (Joint Meeting on Pesticide Residues), von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (UNFAO) empfohlene ADI-Wert von 0,005 mg/kg Körpergewicht (ADI = Acceptable Daily Intake – legt die nicht zu überschreitende Menge einer Substanz fest, die ein Mensch im Laufe seines Lebens täglich verzehren kann, ohne gesundheitliche Schäden davonzutragen). Zusätzlich dazu wurde ein ARfD-Wert (akute Referenzdosis) von 0,5 mg/kg ausgewiesen (dies ist die von der WHO festgesetzte Menge pro kg Körpergewicht, die über die Nahrung mit einer Mahlzeit oder innerhalb eines Tages ohne erkennbares Risiko für den Konsumenten aufgenommen werden kann). Da Fische und Meeresfrüchte – wenn überhaupt – nur in Ausnahmefällen mehr als 0,1 mg/kg Ethoxyquin enthalten, sollte bei üblichem Fischverzehr (wie beim von der deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlenen Fischverzehr von 1- bis 2-mal pro Woche) ein Konsum entsprechend unproblematisch sein.
Dies lässt sich auch anhand einer Beispielrechnung darstellen:
Bei Verzehr von 300 g Muskelfleisch (nach RL 2001/79/EG die tägliche Verzehrmenge zur Festlegung von Rückständen) würde eine Person mit einem Körpergewicht von 60 kg insgesamt 10 % des empfohlenen ADI-Wertes von 0,3 mg/Tag ausschöpfen (insg. 0,03 mg Ethoxyquin bei einem Ethoxyquinanteil von 0,1 mg/kg im verzehrten Muskelfleisch).
Die Belastung für den Verbraucher ist also nach heutigem Stand des Wissens wahrscheinlich relativ gering. Es ist anzunehmen, dass die positiven Eigenschaften von Fisch und Meeresfrüchten für die menschliche Ernährung überwiegen (Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren und hochwertigen Proteinen). Ungeklärt sind jedoch die möglichen Auswirkungen des Ethoxyquin-Dimers, welches in Konzentrationen bis 1 mg/kg im Muskelfleisch von Lachsen gefunden wird.
Eine 2015 veröffentlichte Studie des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts Freiburg, bei der 37 Lachsproben aus der Aquakultur (+ 1 Wildlachs) untersucht wurden, hat gezeigt, dass Ethoxyquin und das Dimer in erhöhten Konzentrationen und Verhältnissen beider Substanzen gefunden werden. Bei 25 von 37 Proben konnten Rückstände von Ethoxyquin (0,002 – 0,098 mg/kg) und bei 30 Proben das Dimer (0,002 – 0,986 mg/kg) nachgewiesen werden. Erhöhte Werte wurden bei konventionellem Farmlachs ermittelt, Bio-Lachs war dagegen deutlich weniger (Dimer) bzw. kaum (Ethoxyquin) belastet.
Summiert man die in der Freiburger Studie veröffentlichten maximal gemessenen Konzentrationen von Ethoxyquin (0,1 mg/kg) und Ethoxyquin-Dimer (1 mg/kg) im Lachs, erhält man eine maximale Endkonzentration von 1,1 mg/kg. Bei einer Mahlzeit Zuchtlachs (300 g) wird der empfohlenen ADI-Wert für Ethoxyquin (0,3 mg/Tag für eine Person mit einem Körpergewicht von 60 kg) für die Summe aus Ethoxyquin und Ethoxyquin-Dimer (0,33 mg Ethoxyquin und Ethoxyquin-Dimer in 300 g Fisch) knapp überschritten. Dabei ist zu beachten, dass der ADI die nicht zu überschreitende Menge festlegt, die ein Mensch im Laufe seines Lebens täglich verzehren kann, ohne gesundheitliche Schäden davonzutragen.
Das körpereigene P450-Enzymsystem wandelt organische Substanzen wie das Dimer und auch Ethoxyquin enzymatisch um, um so schließlich die Wasserlöslichkeit zu erhöhen und damit die Ausscheidung der jeweiligen Substanz zu ermöglichen. Im Fall des Ethoxyquins bzw. des Dimers wird ein sehr reaktives Phenoxylradikal, das nicht weiter umgewandelt werden kann, gebildet. Dieses Radikal ist sehr reaktiv und wirkt pro-oxidant, d. h., es oxidiert vornehmlich Makromoleküle wie DNA, RNA, Proteine und Fettsäuren und schädigt so den Organismus (somit wird die eigentlich toxische Substanz, das Radikal, erst im Körper enzymatisch gebildet, dann aber nicht weiter verstoffwechselt - eine metabolische Sackgasse also).
Mit Inkrafttreten der Durchführungsverordnung der Europäischen Kommission (2017/962) vom (EG 2017/962) am 28.06.2017 wird die Verwendung von Ethoxyquin in den kommenden Jahren ausgesetzt (s.o.). Eine erneute Prüfung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nach Vorlage neuer Daten war bis 31.12.2020 vorgesehen. Um den Abschluss des Bewertungsverfahrens des Zusatzstoffs Ethoxyquin durch die EFSA zu ermöglichen, wurde Artikel 5 der Durchführungsverordnung (EU) 2017/962 mit der Durchführungsverordnung (EU) 2021/412 geändert (Inkrafttreten am 12.3.2021). Spätestens bis 31.12.2022 wird die Verordnung überprüft, sowie in jedem Fall nach Annahme eines nicht befürwortenden Gutachtens der Behörde zur Sicherheit oder Wirksamkeit des Zusatzstoffs Ethoxyquin.
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[Stand 03/2021]