Futterverwertung

Wie viel Futter braucht ein Tier zum Wachsen?

Juvenile Pangasius bei der Fütterung in den Kirschauer Aquakulturen. Foto: F. Schäfer/Aquakulturinfo

Auf einen Blick: Futterverwertung

Die Futterverwertung beschreibt, wie viel Futter ein Tier für das Wachstum benötigt, also die von Nutztieren in der Mast erreichte Gewichtszunahme pro Futtergewicht. Es handelt sich um eine einfache Angabe zur Effizienz der Umwandlung von Futter zu Körpergewicht. Meist wird hierbei die notwendige Menge Futter pro 1 kg Gewichtszunahme während der Mast angegeben (sog. Futterverwertungsrate, FCR). Die FCR ist vor allem abhängig von der Tierart, der Zusammensetzung und Menge des eingesetzten Futtermittels (Energiegehalt, Proteingehalt usw.), aber auch anderen Haltungsparametern, wie bspw. Haltungsdichte, Wassertemperatur, Alter der Tiere. Im Vergleich zu anderen Nutztieren kann bei etablierten Fischarten in optimierter Aquakultur mit pelletiertem Futter eine sehr niedrige FCR von ca. 1 bis 2 erreicht werden, da Fische oft effizientere Futterverwerter sind. Der Atlantische Lachs bspw. gilt als überaus effizient und benötigt pro kg Wachstum (Nassgewicht) nur etwas mehr als 1 kg Futter (Trockengewicht). Die benötigte Menge Fisch in Form von Fischmehl und Fischöl im Futter pro kg erzeugtem Zielfisch wird als Fish-In-Fish-Out-Ratio (FIFO, engl. „Fisch-rein-Fisch-raus-Verhältnis“) bezeichnet. Die norwegische Lachsindustrie hat laut Berechnungen in etwa ein FIFO von 1.

Was versteht man unter Futterverwertung?

Alle Tiere brauchen Nahrung. Diese liefert Energie für den Organismus, für die Aufrechterhaltung der Körperfunktionen sowie die notwendigen „Bausteine“ für Stoffwechsel und Wachstum. In der Nutztierhaltung, v. a. in der Mast zur Fleischerzeugung, versteht man unter der Futterverwertung die Masse an Futter, welche ein Tier zur Zunahme eines bestimmten Gewichts benötigt. Die Futterverwertung ist also ein wichtiges Maß für die Effizienz z. B. einer bestimmten Tierart oder Zuchtform, einer Haltungsform oder auch eines Futtermittels bzw. der Fütterungsintervalle und -mengen. Vor allem die Zusammensetzung des Futters hat einen wesentlichen Einfluss auf die Futterverwertung. Bei gleichen Haltungsbedingungen kann sich die Futterverwertung in Abhängigkeit vom Futter, z. B. Energie-, Protein- oder Fettgehalt bzw. -ursprung, deutlich unterscheiden. Die Futterverwertung ist nicht über den gesamten Lebenszyklus stabil und ändert sich bspw. bei Fischen von der Larve bis zum Elterntier drastisch. Während Jungfische vor allem in Wachstum investieren, stecken geschlechtsreife Fische bei günstigen Bedingungen sehr viel Energie aus der Nahrung in die Reproduktion (Geschlechtsprodukte, Paarung, ggf. Brutpflege usw.) und wachsen deutlich langsamer.

Weitere wichtige Einflussgrößen der Futterverwertung sind Haltungsbedingungen wie bspw. Besatzdichte (Haltungsdichte), Temperatur oder auch die Strömung. Suboptimale Haltungsparameter können Stress auslösen. Stress oder anderweitige negative Beeinflussungen des Gesundheitszustands kosten Energie, welche somit nicht mehr für das Wachstum des Tieres zur Verfügung steht. Die Futterverwertung hat daher eine große Auswirkung auf die Wirtschaftlichkeit eines Aquakulturbetriebs, denn Futtermittel sind in der Regel ein sehr großer Kostenfaktor. Auch aus diesem Grund ist eine effiziente Futterverwertung häufig eine wichtige Zieleigenschaft bei der Zucht.

Die Futterverwertungsrate (FCR)

Die Futterverwertungsrate (engl. feed conversion rate, FCR) beziffert die Menge Futter, die für 1 kg Gewichtszunahme in der Mast benötigt wird (FCR = kg Futter/kg Gewichtszunahme). Ein Fisch, welcher bspw. für 1 kg Wachstum insgesamt 2 kg Futter benötigt, hat eine FCR von 2 (2 kg Futter/1 kg Wachstum). Bei 1 kg Zuwachs mit 1,5 kg Futter ergibt sich eine FCR von 1,5. Bei einer FCR von 1 wird 1 kg Fisch mit 1 kg Futter erzeugt. Der benötigte Zeitraum für das Wachstum spielt in der Berechnung keine Rolle. Die FCR ist vor allem von der Zusammensetzung des Futters, der Fischart und der Lebensphase der Tiere abhängig. Bei pelletierten Futtermitteln, wie sie in der intensiven Aquakultur zum Einsatz kommen, handelt es sich meist um größtenteils getrocknetes, energiereiches und für die bestimmte Fischart optimiertes Futter. So können durch den Einsatz von nur 1 kg Futter (Trockengewicht) teilweise über 1 kg Fisch (Nassgewicht) erzeugt werden (FCR < 1). Die Beschaffenheit, z. B. den Wassergehalt, gilt es bei der Einschätzung der FCR zu berücksichtigen, denn das Wachstum bezieht sich auf das tatsächliche Gewicht (Nassgewicht).

Futtervewertung

Wie viel Futter brauchen Fische, Krebstiere und Muscheln zum Wachsen?

Grundsätzlich lässt sich die FCR für die Aquakultur nicht vereinheitlichen oder verallgemeinern, denn sie ist für verschiedene Arten, Futtermittel, Umwelt- bzw. Haltungsumgebungen, Lebensstadien usw. sehr unterschiedlich. Die Biologie der Art ist entscheidend für die ideale Zusammensetzung und Nutzung der Nahrung. Raubfische (Karnivore) haben andere Ansprüche als Pflanzen- (Herbivore) oder Allesfresser (Omnivore), Garnelen fressen andere Nahrung als Muscheln. Auch innerhalb einer Art kann es Unterschiede geben. Wie viel Energie aus der Nahrung für das Wachstum zur Verfügung steht, hängt von vielen Parametern ab, z. B. Wassertemperatur, Stress, Strömung, Verdauung, Vermehrung, Salzhaushalt und anderen Lebensfunktionen.

Belastbare Daten gibt es nur in intensiven Produktionssystemen ohne natürliches, nicht kontrollierbares Nahrungsangebot, wie Kreislauf- oder Durchflussanlagen. Für semi-intensive oder extensive Aquakulturen kann die FCR lediglich geschätzt werden, bspw. für Karpfen aus Teichwirtschaft. Die meisten zur Verfügung stehenden, überprüfbaren Daten zur FCR in der Aquakultur entstammen experimentellen Studien und nicht der Wirtschaft. In der Praxis spielt allerdings nicht primär diese biologische FCR die entscheidende Rolle, sondern vielmehr die eFCR, also die ökonomische (engl. economic) FCR. Diese gibt an, wie viel Fisch letztlich mit der verwendeten Futtermenge produziert wurde, und ist tendenziell höher als die biologische FCR, da das von den Tieren u. U. nicht konsumierte Futter ebenfalls in die Berechnung aufgenommen wird.

Für die meisten kommerziellen, karnivoren oder omnivoren Fisch- oder Garnelenarten kann heute eine FCR von deutlich unter 2 erreicht werden. Etablierte und weit verbreitete Fischarten erreichen mitunter Werte der FCR von unter 1,5. Hierzu zählen Tilapia, Forellen oder Afrikanischer Raubwels. Das heißt, es werden weniger als 1,5 kg Futter benötigt, um 1 kg dieser Fische zu erzeugen. Für den Atlantischen Lachs wird meist eine FCR von ca. 1,2 angegeben. Tropische Garnelen erreichen meist eine FCR von 1,2 bis 2,4. Die Futtermittel und Haltungsbedingungen sind bei all diesen etablierten Arten optimal auf Wachstum eingestellt und entsprechende Zuchtlinien stehen zur Verfügung. Vor allem herbivore Fische haben meist eine deutlich höhere FCR, da weniger hochwertiges, insgesamt energieärmeres und somit billigeres Futter zum Einsatz kommt.

Die FCR für einige Fische kann jedoch auch deutlich höher sein. Thunfische bspw. sind bewegungsfreudige Tiere und können im Vergleich zu fast allen anderen Fischen ihre Körpertemperatur teilweise regulieren (Endothermie). Diese Eigenschaften sind zwar für den Jagderfolg in freier Wildbahn und das charakteristische Fleisch der Thune verantwortlich, kosten jedoch eine Menge Energie. Die FCR von Roten Thunen in Aquakultur liegt daher je nach Alter, Temperatur usw. jenseits von 10, teilweise bei bis zu 40.

Vergleich Fische und andere Nutztiere

Im Vergleich zu landlebenden Nutztieren haben Fische und andere aquatische Tiere eine vorteilhafte (niedrige) FCR, denn sie sind ektotherm (wechselwarm) und werden vom Wasser unterstützt. Sie benötigen also weniger Energie zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur und um der Schwerkraft zu trotzen. Lediglich Hühner erreichen mit ca. 1,7 bis 2 eine vergleichbare FCR. Bei Schweinen (ca. 2,7 bis 5) oder gar Rindern (ca. 6 bis 10) ist die FCR deutlich höher. Dieser Vergleich zwischen den verschiedenen Arten bzw. Artengruppen wird häufig im Zusammenhang mit Themen der Nachhaltigkeit und der Ressourcennutzung herangezogen. Dieses Vorgehen wird mitunter kritisiert, denn es werden entscheidende Faktoren nicht berücksichtigt, wie Futterqualität, Proteingehalte und -retention.

Futterverwertungsrate hat eingeschränkte Aussagekraft

Die Futterverwertungsrate (FCR) eignet sich hauptsächlich zum Vergleich zwischen verschiedenen Produktionssystemen, Haltungsparametern, Standorten usw. innerhalb einer Art und eines Lebensstadiums. Sie ist jedoch kein „Maß für die Nachhaltigkeit“, wie oft verwendet, denn sie sagt nichts über Parameter des Futters (z. B. benötigter Fisch aus Fangfischerei; s. u.), Energiekosten etc. aus. Ebenso eignet sie sich nicht uneingeschränkt zum Vergleich verschiedener Tierarten, denn diese können mitunter vollkommen unterschiedliche Nahrungsquellen erschließen. Die FCR berücksichtigt außerdem das Wachstum des gesamten Organismus unabhängig vom verwertbaren Anteil und wird meist für intensive, optimierte Produktionssysteme errechnet. Extensive bzw. insgesamt weniger intensive Produktionssysteme oder Polykulturen sind in Analysen seltener vertreten.

Neben der FCR werden daher oft weitere Verhältnisse errechnet. Die Proteineffizienz gibt an, wie viel Protein im Futter für das erzeugte tierische Protein benötigt wird. Bei der Energieeffizienz wird errechnet, wie viel der Energie des Futters im erzeugten Fleisch verbleibt und wie viel vom Tier für Bewegung, Kreislauf oder Verdauung umgesetzt wird. Eine weitere Option bieten Berechnungen, die die Anteile von Tierfuttermittelkomponenten berücksichtigen, die direkt vom Menschen als Nahrung verwendet werden könnten.

Ganzheitlich wird die Produktion tierischer Erzeugnisse mit dem sog. life cycle assessment (LCA, Lebenszyklusanalyse) erfasst. Hierbei werden alle zur Erzeugung des Futters bzw. des Endprodukts benötigten Ressourcen, wie Energie, Materialien, Elterntierhaltung usw., sowie alle Nebenprodukte und auch die Verarbeitung berücksichtigt.

Fish-In-Fish-Out-Ratio (FIFO)

Neben der FCR wird seit einigen Jahren häufig die sog. Fish-In-Fish-Out-Ratio (FIFO) für die Aquakultur angegeben. Also die Menge Fisch, z. B. aus Wildfang oder aus Nebenprodukten der Verarbeitung, welche für das Futter der Produktion von 1 kg Zielfisch in Aquakultur benötigt wird. Diese ist nicht gleich der FCR, denn sie bezieht sich auf das Fanggewicht (Nassgewicht) der zu verarbeitenden Fische und die Futtermittel bestehen nur zu einer bestimmten Menge aus diesen Bestandteilen. Die Verwendung von Wildfisch in kommerziellen Futtermitteln teilt sich in die Rohstoffe Fischmehl und -öl auf. Die Erzeugung dieser beiden Futtermittelkomponenten benötigt unterschiedliche Mengen an Fisch, daher wird die FIFO hierfür teilweise getrennt errechnet.

FIFO

Aus 1 kg (Wild-)Fisch werden ca. 235–245 g Fischmehl und 50–120 g Fischöl hergestellt, je nach Fettgehalt der Fische, welcher in Abhängigkeit von der Fischart und der Jahreszeit schwankt (siehe Artikel Fischöl). Laut einer Studie lag die FIFO der globalen Aquakultur im Jahr 2010 bei 0,3. Es wurden also 1000 g Zuchtfisch mit 300 g Wildfisch erzeugt. Zehn Jahre zuvor waren es noch 600 g. Dies schließt natürlich verschiedene Fischarten mit ein und kann bei Raubfischen, z. B. dem Atlantischen Lachs, sehr unterschiedlich ausfallen. Die FIFO für das gesamte Fischmehl und Fischöl in der norwegischen Lachszucht wird auf 0,84 bzw. 1,45 geschätzt (Berechnung für 2016). Eine weitere Studie gibt für Lachs eine FIFO von 1 im Jahr 2020 an. Die Internationale Fischmehl- und Fischöl- Organisation (International Fishmeal and Fish Oil Organisation, IFFO) gibt für den Lachs an, dass für 1 kg Wildfisch im Futter sogar 1,22 kg Lachs erzeugt werden. Dies lässt sich v. a. durch den stetig schrumpfenden Anteil an Fischmehl und -öl im Fischfutter erklären.

Die FIFO wird allerdings oft falsch verstanden bzw. verwendet. Es handelt sich hierbei nicht (immer) um die eingesetzte Menge Wildfisch aus der Fangfischerei pro kg erzeugtem Zuchtfisch, denn es werden auch Nebenprodukte aus der Verarbeitung (Innereien etc.) miteinbezogen. Diese Nebenprodukte machen laut Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (engl. Food and Agriculture Organization of the United Nations, FAO) weltweit einen Anteil von ca. 25–35 % am Fischmehl- bzw. -öl aus. Möchte man ausschließlich den gefangenen Wildfisch („Futterfisch“) berücksichtigen, muss man die sog. forage fish dependency ratio (FFDR, „Futterfisch-Abhängigkeitsverhältnis“) unter Ausschluss der Nebenprodukte aus der Verarbeitung errechnen. Diese liegt entsprechend unter der FIFO, wenn solche Futtermittelbestandteile enthalten sind.

Wie auch die FCR werden FIFO und FFDR mitunter als „Maß der Nachhaltigkeit“ der Aquakultur verwendet. Dies wird häufig kritisiert, denn es gilt auch die Nachhaltigkeit der Beschaffung der Ressourcen bzw. Bewirtschaftung der natürlichen Bestände zu berücksichtigen und nicht nur die reine Masse an Fisch.

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