Auf einen Blick: Haltungsformen & Produktionssysteme
Weltweit werden mehrere hundert Arten Fische, Krebs- und Weichtiere, Algen und weitere Organismen in Aquakultur erzeugt. Die verwendeten Produktionssysteme reichen dabei von einfachen Erdteichen bis hin zu hochtechnisierten Kreislaufanlagen mit Salz-, Süß- oder auch Brackwasser. Grundsätzlich wird zwischen offenen bis geschlossenen Systemen und extensiven bis intensiven Haltungsformen der Aquakultur unterschieden. Offene Systeme, wie Teiche, Netzgehege oder die meisten Formen der Muschelkultur, stehen im weitestgehend nicht bis wenig kontrolliertem Austausch mit der Umwelt erlauben nur wenig Kontrolle gegenüber diesen Umwelteinflüssen. Geschlossene Systeme, darunter vor allem Kreislaufanlagen, sind weitestgehend von der Umgebung abgeschlossen und bieten ein hohes Maß an Kontrolle über diese Wechselwirkungen. Durchflussanlagen können hingegen offen oder auch teilgeschlossen sein. In der extensiven Aquakultur ernähren sich die Tiere ausschließlich von natürlich vorkommender Nahrung ohne Zufütterung durch den Menschen. In der intensiven Haltung erhalten die Tiere ausschließlich eingebrachte Nahrung. Kreislaufanlagen, Durchflussanlagen und Netzgehege sind immer intensive Produktionssysteme, während Teiche extensiv bis intensiv betrieben werden können. Die Muschelaquakultur im Meer ist eine extensive Haltungsform. Welche Besatzdichten realisiert werden können, hängt stets vom Nahrungsangebot bzw. der Fütterung ab, dem Produktionssystem, der Zielart und den Wechselwirkungen mit der Umwelt. Dabei existieren zahlreiche Zwischenformen dieser Methoden, wie semi-intensive Aquakultur oder teilgeschlossene Systeme, zudem Sonderformen wie integrierte Systeme. Die Aquakultur von Weichtieren (z.B. Muscheln), Algen und Wasserpflanzen unterscheidet sich methodisch von der Krebstier- oder Fischzucht.
Dieser Artikel bietet eine Übersicht zu den Haltungsformen & Produktionssystemen der Aquakultur.
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Übersicht: Extensive bis intensive Haltung - offene bis geschlossene Systeme
Heute wenden Aquakulturen weltweit eine Vielzahl an Haltungsformen und Produktionssystemen zur Erzeugung von verschiedenen Arten und Artengruppen an. Zu den Produktionssystemen gehören z. B. Teiche, Netzgehege oder Kreislaufanlagen, die hauptsächlich der Erzeugung von Fischen oder Krebstieren dienen. Aber auch Leinenkulturen oder Photobioreaktoren für Algen sowie Tisch- oder Käfigkulturen für Muscheln. Dabei variieren der Grad der Technisierung, die Wechselwirkungen mit der Umwelt, die realisierbaren Besatzdichten sowie der Energie- und Futterbedarf teils erheblich. Die Methoden richten sich nach der Zielart, es können aber auch für ein und dieselbe Art unterschiedliche Systeme und Haltungsformen zum Einsatz kommen, beispielsweise in verschiedenen Lebensstadien, von der Larve bis zum Elterntier. Grundsätzlich wird zwischen der Erzeugung von Algen und aquatischen Pflanzen, Weichtieren, Krebstieren und Fischen unterschieden. Während die Produktionssysteme für Krebstiere und Fische recht ähnlich sind, weichen die Methoden zur Erzeugung der anderen Artengruppen stark ab. Die Wahl der Haltungsform und des Produktionssystems für eine Zielart und ihr Lebensstadium ist von mehreren Faktoren abhängig: den biologischen Eigenschaften und Bedürfnissen, dem genauen Produktionsstandort und den (Umwelt-)Bedingungen, wie beispielsweise Strömung, Temperatur oder Wasser-, Nährstoff- und Nahrungsverfügbarkeit.
Die Tierhaltung in Aquakultur wird in extensive bis intensive Haltungsformen unterteilt. In extensiver Aquakultur wird nicht durch den Menschen gefüttert. Hierbei handelt es sich meist um Teiche oder andere naturnahe Produktionssysteme, wie sie in der Muschelaquakultur in den Küstengewässern eingesetzt werden. Die Zuchttiere fressen natürlich vorkommende Nahrung, welche durch die Strömung herangetrieben wird oder durch das umgebende Ökosystem zur Verfügung steht. In Teichen oder anderen relativ abgeschlossenen Gewässern kann die Verfügbarkeit von Futterorganismen erhöht werden, z. B. durch Düngung. In intensiven Systemen findet die Ernährung hingegen ausschließlich durch den Menschen statt. Produktionssysteme mit Teilfütterung, zur Ergänzung des natürlichen Nahrungsangebots, werden semi-intensiv bzw. semi-extensiv genannt.
Für alle Aquakulturen, ob Tier- oder Pflanzen- bzw. Algenzucht, sind offene bis geschlossene Produktionssysteme verfügbar. Es existieren mitunter fließende Übergänge zwischen diesen Systemen, wie teilgeschlossene Anlagen. Offene Systeme sind nicht oder nur in geringem Umfang von der Umwelt getrennt und bieten somit nur eine begrenzte Kontrolle über die Umweltwechselwirkungen, wie Temperatur, Lichteinfall, Nährstoffeintrag durch Stoffwechselprodukte der Zuchttiere in angrenzende Wasserkörper, Prädation durch Wildtiere oder auch Eintrag von Parasiten aus dem umliegenden Ökosystem. Zu den offenen Systemen gehören Teiche, Netzgehege oder auch die Leinenkultur von z. B. Muscheln und Algen im Meer. Der Großteil der globalen Aquakultur findet in offenen Systemen statt. Sie ermöglichen extensive bis hin zur intensiven Tierhaltung. Geschlossene Systeme hingegen sind vor allem Kreislaufanlagen und immer intensiv. Hier sind die Haltungsreinrichtungen, meist Becken, von der Umgebung durch Einhausung abgegrenzt. Sie bieten ein sehr hohes Maß an Kontrolle über Umweltwechselwirkungen und Haltungsbedingungen, haben aber einen höheren Technisierungsgrad und größeren Energie- sowie Personalbedarf.
Eine Trennung der Produktionssysteme nach dem Salzgehalt des Haltungswassers (Süß-, Brack- oder Salzwasser) ist nicht sinnvoll, da die unterschiedlichen Systeme bis auf einige Ausnahmen bei allen Salzgehalten funktionieren. Gegebenenfalls sind jedoch technische Anpassungen notwendig. Der Salzgehalt richtet sich dabei vor allem nach den Bedürfnissen der Zielart und den natürlichen Begebenheiten des Standorts, wie dem Salzgehalt der umgebenden Oberflächengewässer. Grundsätzlich kann durch die Zugabe von Salz auch fernab der Küsten Salzwasseraquakultur betrieben werden, vor allem in Kreislaufanlagen.
Abbildung: Die extensive Aquakultur von Muscheln findet ohne Fütterung durch den Mensch statt. Foto: Pixabay
Aquakultur von Fischen und Krebstieren
Die Haltungsformen und Produktionssysteme bei Fischen und Krebstieren unterscheiden sich nicht grundlegend. Bei beiden Gruppen kommt eine Bandbreite von extensiven bis intensiven, offenen bis hin zu geschlossenen Systemen mit Süß-, Brack- und Salzwasser zum Einsatz. Häufig werden verschiedene Lebensstadien in unterschiedlichen Produktionssystemen gehalten, wie Larven, Jungfische, adulte Tiere in der Mastphase oder Elterntiere für die Vermehrung. So erfordert die Aquakultur des Atlantischen Lachses eine durchgehend intensive Haltungsform. Die Haltung und Vermehrung der Elterntiere und die Aufzucht der Jungtiere erfolgt in geschlossenen Kreislaufanlagen im Süßwasser. Die Mast hingegen erfolgt meist in offenen Systemen (Netzgehegen) im Meer.
Die traditionellste und am weitesten verbreitete Haltungsform ist die Aquakultur in Teichen. Teiche sind künstlich angelegte oder abgetrennte Gewässer mit durch Zu- und Ablauf vollständig regulierbarem Wasserstand. Sie können in Fläche, Tiefe und Struktur erheblich variieren, von einfachen Erd- bis hin zu ausgekleideten Betonteichen. Das Wasser für die Flutung und den Durchlauf wird anderen Oberflächengewässern entnommen, wie Bächen, Flüssen oder dem angrenzenden Meer oder die Teiche werden durch Grundwasser oder Himmelteiche bzw. Regenwasser gespeist. Teiche sind immer offene Produktionssysteme. Durch technische Anpassungen lassen sich jedoch bestimmte Wasserparameter, wie vor allem der Sauerstoffgehalt, steuern. Andere Umwelteinflüsse, wie Temperatur oder die Präsenz von Tieren oder Pflanzen, sind nur bedingt kontrollierbar. Je nach Beschaffenheit, Teichfläche, Zielart, der Menge an Naturnahrung und angestrebter Haltungsdichte (Besatzdichte) bieten Teiche dabei die Möglichkeit zur extensiven Tierhaltung. Mitunter können Teiche sehr naturnah gestaltet sein und ein eigenes Ökosystem darstellen. Intensiv betriebene Teichwirtschaften zeichnen sich meist durch kleinere Grundflächen und höhere Besatzdichten aus. Teilweise werden die Teiche durchgehend mit Frischwasser angrenzender Oberflächengewässer versorgt und werden zeitweise zur Desinfektion, zum Abtransport von Sediment und zur Abfischung trockengelegt. Mitunter kommen für verschiedene Lebens- oder Haltungsstadien unterschiedliche Teichtypen zum Einsatz, wie die meist flacheren und kleineren Brutteiche oder die tieferen und damit frostsicheren Winterungsteiche (siehe Artenseite Karpfen).
Durchflussanlagen sind die nächste technische Entwicklungsstufe der Produktionssysteme. Durch die konstante Einleitung von Wasser lassen sich höhere Haltungsdichten in den intensiven Systemen realisieren. Die Tiere werden meist in Rund-, Langstrombecken oder (Beton-)Rinnen gehalten. Mitunter durchfließt das Wasser mehrere Haltungseinrichtungen nacheinander „in Reihe“. Die relativ konzentrierte Haltung erlaubt eine gewisse Steuerung der Haltungsparameter und Wechselwirkungen durch technische Anpassungen, wie das Einbringen von zusätzlichem Sauerstoff oder Beschattung. Da reine Durchflussanlagen in der Fläche meist kleiner als Teichwirtschaften sind, lassen sich fischfressende Prädatoren einfacher durch Zäune oder Abspannung fernhalten. Am Zu- und Ablauf können zudem Filtersysteme installiert und der Eintrag von z. B. Parasiten und Einleitung von Nährstoffen in die Umwelt kontrolliert werden. Mitunter wird das aufbereitete Haltungswasser innerhalb des Systems wiederverwendet (sog. Teilkreislaufanlage).
Die Weiterentwicklung sind Kreislaufanlagen. Diese intensiven Produktionssysteme bieten ein Maximum an Kontrolle über die Umwelt- und Haltungsbedingungen. Es sind meist Becken, seltener Rinnen, die eingehaust und von Grund- oder Frischwasser gespeist werden. Aufbereitetes Oberflächenwasser wird nur seltener genutzt. Die Stoffwechselprodukte der gehaltenen Tiere sowie nicht gefressenes Futter oder Schweb- und Feststoffe werden durch Filter entfernt. Das Haltungswasser rezirkuliert und wird wiederverwendet. Per Definition sollen maximal 10 % des Haltungswassers pro Tag durch Frischwasser ersetzt werden. Die Filtersysteme bestehen meist aus einer mechanischen und einer biologischen Filtereinheit und können durch weitere Stufen ergänzt werden, wie eine UV-Klärung und Denitrifikation. Sämtliche Haltungsparameter, wie Temperatur, Strömung, Sauerstoffgehalt oder pH-Wert, werden teilweise automatisch gesteuert. Kreislaufanlagen sind somit weitestgehend von der Umwelt getrennt und lassen sich daher fast überall betreiben. Heute wird in Kreislaufanlagen nur ein kleiner Teil der weltweiten Aquakulturproduktion bis zur Schlachtreife gebracht. Im Vergleich zu anderen Haltungssystemen haben Kreislaufanlagen hohe Investitions- und Gestehungskosten, vor allem was den Energiebedarf angeht. Daher werden sie zurzeit überwiegend für die Vermehrung und Larvenaufzucht eingesetzt, während die Mast in offenen Systemen stattfindet.
Die Aquakultur in Netzgehegen ist immer intensiv und deckt meist nur den Lebensabschnitt des größten Massezuwachses in der Mast ab. Die Besatztiere stammen häufig aus Kreislaufanlagen oder werden in anderen Haltungssystemen vorgestreckt. Die Netzgehege selbst sind oft rund oder eckig und können in den Ausmaßen und im Technologieaufwand erheblich variieren. Der über der Wasseroberfläche sichtbare Teil der Anlage besteht aus einem Auftriebskörper, zum Teil mit Reling, an dem die mitunter doppelwandigen Netze befestigt sind. Die Netze bestehen beispielsweise aus Nylongeflecht, Polyethylen (PE) oder auch Kupfer. Diese schließen den Haltungsraum der Tiere ein, erlauben den Wasseraustausch, verhindern das Entweichen der Tiere und das Eindringen von Räubern. Bei Schäden am Netz, durch Kollisionen oder große Prädatoren (Fraßfeinden), wie Haie Thunfische oder Seehunde, können Zuchttiere in die Umwelt entweichen (siehe Artikel Escapees – „Ausbrecher“). Zum Schutz vor Fraßfeinden werden die Netzgehege meist mit einem (Vogel-)Netz überspannt. In der Regel sind mehrere Netzgehege zu einer Anlage zusammengefasst, fest am Boden und/oder am Ufer verankert und werden entweder vom Boot, von einer schwimmenden Basis mit Futtersilo oder von Land aus mit Futter versorgt und überwacht. Netzgehege können in im Salz- Brack- oder Süßwasser betrieben werden. Bei der Standortwahl ist die Exposition gegenüber Umwelteinflüssen ein entscheidendes Kriterium. Zum einen muss ein ausreichender Wasseraustausch gewährleistet sein, um Sauerstoff zuzuführen und Ausscheidungen gut abzutransportieren. Jedoch darf die Anlage nicht durch Strömung, Wetterereignisse oder Schiffsverkehr beschädigt werden. Der Aufwuchs, das sogenannte Fouling, auf den Netzen erhöht auf Dauer den Strömungswiderstand und verringert den Wasser- und damit Sauerstoffaustausch. Fouling muss durch entsprechende Beschichtungen verhindert oder entfernt werden. Bei Netzgehegen gelangen die Stoffwechselprodukte, Kot oder nicht gefressenes Futter der gehaltenen Tiere in die Umwelt.
Abbildung: Grafische Darstellung einer modernen Netzgehegeanlage für Atlantische Lachse. Grafik: AKVA group (mit Genehmigung für Aquakulturinfo)
Aquakultur von Weichtieren (Mollusken)
Die Aquakultur von Weichtieren (Mollusken) konzentriert sich vor allem auf die Klasse der Muscheln (Bivalvia), wie Miesmuscheln, Austern oder Jakobsmuscheln. Muscheln verbringen die frühen Lebensstadien planktonisch, also frei treibend im Freiwasser, bevor sie sich an geeignete Strukturen mehr oder weniger dauerhaft anheften. Jakobsmuscheln oder Elefantenrüsselmuscheln hingegen können auch im Sediment eingegraben leben und teilweise schwimmen. Die meisten Weichtiere in der Aquakultur ernähren sich durch Filtration des Umgebungswassers und gehen nicht aktiv auf Nahrungssuche. Entsprechend unterscheidet sich die Haltung von Muscheln grundlegend von der Fisch- oder Krebstierhaltung, weil hier sehr unterschiedliche Produktionssysteme mit überwiegend extensiver Haltung zum Einsatz kommen. Die Erzeugung von Muscheln kann in zwei wesentliche Phasen unterteilt werden: Die Gewinnung von Saatmuscheln und die Wachstumsphase der juvenilen Muscheln bis zur Ernte.
Die Saatmuscheln stammen entweder aus der Vermehrung von Elterntieren in Brutanstalten (Hatcheries), beispielsweise in landgestützten Durchfluss- oder Kreislaufanlagen oder aus der natürlichen Vermehrung von Wildtieren. Letztere können durch Saatmuschelfischerei oder durch das Anbieten von geeigneten Siedlungsflächen gewonnen werden. Die Muschellarven vieler Arten treiben frei im Wasser und heften sich bspw. an ausgebrachte Leinen, Netze oder andere Strukturen an. Während der Fang treibender Muschellarven starken natürlichen Schwankungen unterliegen kann, erlaubt die gezielte Vermehrung von Elterntieren eine größere Kontrolle über die Umweltbedingungen und Saatmuschelerzeugung. Es existieren auch Zwischenformen, wie bspw. das Vorstrecken von natürlich vorkommenden Muschellarven in (teil-)geschlossenen Systemen. Die Erzeugung in solchen technisch aufwendigeren Haltungssystemen über den gesamten Lebenszyklus ist jedoch selten. Mitunter findet eine Veredelung von Erntereifen Tieren statt.
Die Wachstumsphase der Muscheln findet in der Regel in offenen Systemen in extensiver Haltung statt, entweder direkt auf dem Seegrund (on-bottom) oder im Wasser darüber (off-bottom). Die verschiedenen Methoden unterscheiden sich hinsichtlich des Arbeitsaufwandes und der Produktionskosten zum Teil beträchtlich. In der on-bottom-Kultur werden die Muscheln an geeigneten Standorten in oder vor der Gezeitenzone der Küsten ausgebracht, welche zuvor gereinigt oder durch das Ausbringen von Strukturen vorbereitet wurden, oder siedeln sich natürlich an. In bestimmten Abständen werden die Muscheln von Sediment, Räubern oder Aufwuchs befreit oder auch umgesiedelt, wie beispielsweise bei hohem Aufkommen von Fraßfeinden oder geringer Nahrungsverfügbarkeit. Die Pfahlkultur ist eine Zwischenform der Muschelhaltung. Mit Seil umwickelte Pfähle werden in der Gezeitenzone im Meeresboden befestigt und die Muscheln daran aktiv oder passiv angesiedelt.
In der off-bottom-Kultur haben die Tiere keinen Bodenkontakt. Die Muscheln werden auf Seil- und Netzmaterial oder in Körben im Wasserkörper kultiviert. Dies erlaubt die standortunabhängigere Haltung außerhalb der Gezeitenzonen und in tieferen Meeresgebieten. Die Bewirtschaftungsintensität ist jedoch höher. Konflikte mit anderen Formen der Küstennutzung, wie dem Tourismus, können vermieden werden, der Kontakt mit Fraßfeinden wird ganz oder teilweise eingeschränkt. Die Leinen, Netze oder Körbe können entweder direkt senkrecht im Wasser hängen oder zwischen verschiedenen Auftriebskörpern, wie Bojen oder Flössen, waagerecht verspannt werden. Strömung, Witterung, sowie die damit zusammenhängende Nahrungsverfügbarkeit sind entscheidende Kriterien der Standortwahl.
Abbildung: Extensive on-bottom-Kultur von Austern. Foto: Pixabay
Aquakultur von Algen und aquatischen Pflanzen
Algen und Wasserpflanzen spielen in der Aquakultur eine wichtige Rolle. Der Japanische Blatttang ist die in der Menge wichtigste Art der globalen Aquakultur. Trotz der erheblichen biologischen Unterschiede ähnelt vor allem die Erzeugung von Makroalgen und Wasserpflanzen mitunter mit der Aquakultur von Muscheln. Wasserpflanzen werden in zwei Schritten produziert, der Vermehrungs- und Wachstumsphase. In spezialisierten Betrieben werden die Setzlinge erzeugt. Dies können geschlossene und teilgeschlossene aquatische Gewächshäuser im Durchfluss- oder Kreislaufbetrieb sein oder offene, landgestützte Systeme, wie flache Rinnen oder Becken. In der Vermehrungsphase wird das Haltungswasser mit ausreichend Nährstoffen versorgt. Die Setzlinge werden meist auf an Bojen verspannten Seilen im Meer ausgebracht und wachsen dort bis zur Ernte ab. Wie bei der Muschelkultur sind auch hier Strömungen und Nährstoffverfügbarkeit wichtige Faktoren bei der Standortauswahl. Die Nähe zu Nährstoffquellen, wie Flussmündungen oder Netzgehegen, kann das Wachstum erhöhen. Freischwebende (Mikro-)Algen oder aquatische Oberflächenpflanzen, welche nicht an Strukturen verankert aufwachsen, können durchgängig bis zur Ernte in Rinnen oder Becken aufgezogen werden. Wichtig hierfür sind eine ausreichende Beleuchtung, abgestimmte Nährstoffkonzentration und teilweise das Umwälzen des Wasserkörpers. Dieser Prozess kann in geschlossenen oder offenen Systemen stattfinden. Bei der Erzeugung von Mikroorganismen hingegen entfällt die Unterteilung in Produktionsabschnitte, da sich diese unter entsprechenden Bedingungen durch Zellteilung kontinuierlich vermehren.
Mikroalgen oder Bakterien, wie die Cyanobakterien Spirulina, werden außerdem auch in technisch aufwendigen Photobioreaktoren produziert. In diesen wird die Inkubationslösung mitsamt den Mikroorganismen durch hohle Platten (Platten-Bioreaktor) oder Röhren aus Glas oder Kunststoff (Rohr-Bioreaktor) gepumpt, die von allen Seiten beleuchtet werden oder direkt der Sonne ausgesetzt sind. Bioreaktoren haben gegenüber offenen Systemen den Vorteil, dass alle Umweltparameter wie Temperatur, Belichtungsdauer, Strahlungsintensität und Zusammensetzung des Mediums genau kontrolliert und reguliert werden können und dass eine Kontamination, beispielsweise mit anderen Bakterien oder Algen, ausgeschlossen werden kann. Durch die Zufuhr von Kohlenstoffdioxid (CO2) kann das Wachstum stark ansteigen. Die Ausbeute dieser Reaktoren ist überdies höher als in halboffenen Durchflusssystemen, aber durch den hohen technischen Aufwand auch kostenintensiver.
Sonderformen der Aquakultur
Es gibt eine Vielzahl an Sonderformen der Aquakultur, welche von regional verbreiteten, traditionellen und den örtlichen Gegebenheiten angepassten Haltungsformen bis hin zu zukunftsweisenden, hochtechnologischen Produktionssystemen oder integrierten Systemen bzw. Polykulturen reichen. Außerdem gibt es weitere Nischenarten in der Aquakultur, deren Haltung Anpassungen der bestehenden Systeme erfordern, wie bei der Erzeugung von Stachelhäutern (Seeigel oder Seegurken), Quallen oder Kopffüßern (Oktopusse). Im Folgenden sind einige Beispiele für Sonderformen der Aquakultur aufgeführt.
Integrierte Produktionssysteme oder Polykulturen verbinden die Haltung verschiedener Zielarten, wie Fischen, Krebs- und Weichtieren, Algen oder Pflanzen, zur Nutzung anfallender Nährstoffe im Sinne einer Kreislaufwirtschaft. Der grundsätzliche Gedanke integrierter Systeme bzw. Polykulturen ist, Reststoffe bzw. Nebenprodukte einer Produktionseinheit in eine nach- oder parallelgeschaltete Produktionseinheit zu überführen und zu nutzen. Integrierte Systeme können verschiedene Produktionssysteme und Haltungsformen kombinieren. Dazu gehören die integrierte multi-trophe Aquakultur (IMTA) und die Aquaponik. Ein klassisches Beispiel für Polykulturen ist die seit Jahrtausenden praktizierte Methode der Aquakultur verbunden mit Nassreisanbau. Hierfür werden meist Fische, wie Karpfen, in Reisplantagen eingebracht und wachsen dort mit den Nutzpflanzen heran. Während die Reispflanzen von den Fischausscheidungen als Dünger und von der Reduktion von Schädlingen und Aufwuchs durch die Fische profitieren, finden die Fische in den Feldern viel Nahrung und Schatten. Es handelt sich hierbei meist um eine extensive Fischhaltung in einem offenen System. Eine solche stationäre Form der extensiven Tierhaltung in natürlichen oder durch den Menschen geschaffenen Gewässern wird auch als Ranching bezeichnet. Zuchttiere werden gezielt in ganz oder nur periodisch geflutete, abgetrennte Gewässerbereiche, wie Stauseen, Nassfelder oder Kanäle, eingebracht (offene Produktionssysteme). Dort ernähren sie sich von Naturnahrung und wachsen bis zur Ernte ab.
Unter der Offshore-Aquakultur versteht man Produktionssysteme, welche nicht wie klassische Netzgehege oder Weichtierkultur verankert vor den Küsten liegen, sondern auf dem offenen Meer treiben oder befestigt sind. Dies können schwimmende, ganz geschlossene und teils absenkbare, frei treibende Netzgehege, Plattformen oder Schiffe mit installierten Haltungseinrichtungen sein oder Netzgehege, die an Strukturen, wie Offshore-Windparks, befestigte sind. Diese Form der Aquakultur bietet einige Vorteile. Die anfallenden Nährstoffe aus der Tierhaltung verteilen sich weiträumig und führen zu keiner lokalen Anreicherung und Eutrophierung. Weiter werden Konflikte mit anderen Formen der Nutzung oft stark besiedelter oder touristisch bedeutsamer Küstenabschnitte vermieden. Jedoch birgt die Offshore-Aquakultur neue Herausforderungen was beispielsweise die Bereiche Logistik oder die Beanspruchung durch physikalische Einflüsse betrifft, wie Strömung und Wellengang.
Beispiele für regionale Aquakultursysteme sind die Valikultur oder in Vietnam die Erzeugung von Pangasius in Quangs. Valikultur ist die Aufzucht von Fischen in natürlichen oder künstlich abgetrennten Meeresbuchten und Lagunen. Dies wird teilweise noch im Mittelmeerraum, besonders in Italien, praktiziert. Bereits im 11. Jahrhundert wurden in der Lagune von Venedig Bereiche für die Aufzucht von Fischen, wie Aal, Dorade, Wolfsbarsch und Meeräsche abgegrenzt, die auch heute noch bewirtschafteten Valli da pesca. Diese Lagunen und Buchten werden für die Aufzucht direkt mit Jungfischen besetzt. Abhängig von den örtlichen Gegebenheiten ist eine Zufütterung für die Aufzucht nicht zwingend erforderlich. Sie fördert aber das Wachstum und die damit mögliche Produktionsmenge ebenso, wie eine gezielte Wasserzu- und abfuhr (Lagunen) zur Gewährleistung einer gleichbleibenden Wasserqualität und Sauerstoffversorgung. Offene Produktionssysteme unterliegen natürlichen jahreszeitlichen Temperaturschwankungen. Bei Quangs handelt es sich um meist flache Flussbänke oder -buchten, welche vom restlichen Fluss abgetrennt werden. Es sind offene Systeme, die extensiv bis semi-intensiv bewirtschaftet werden.
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[Stand 11/2023]