Karpfen

Cyprinus carpio

Der Karpfen (Cyprinus carpio) ist wahrscheinlich einer der ersten Fische, der in Aquakultur aufgezogen wurde und gehört bis heute zu den wichtigsten Arten weltweit. 

Der Karpfen (Cyprinus carpio) ist wahrscheinlich einer der ersten Fische, der in Aquakultur aufgezogen wurde und gehört bis heute zu den wichtigsten Arten weltweit. Foto: Pixabay

Der Karpfen (Cyprinus carpio) ist wahrscheinlich einer der ersten Fische, der in Aquakultur aufgezogen wurde. Bereits vor mehr als 2500 Jahren wurden Karpfen in den Teichen Asiens kultiviert. Von dort aus begann die Verbreitung dieses so beliebten Speisefisches. Seine große Anpassungsfähigkeit, geringe Ansprüche an die Wasserqualität und die unkomplizierte Haltung in kleinen Teichen haben dazu beigetragen, dass Karpfen weltweit produziert werden und vielerorts auch in den natürlichen Gewässern anzutreffen sind. Nach Europa kam der Karpfen wohl erst mit den Römern. Den strengen Fastenvorschriften verdankt das katholische Abendland die Entwicklung und Verbreitung der Karpfenzucht. Insbesondere im Mittelalter war der Genuss von Fleisch von Aschermittwoch bis Ostern für vierzig Tage auf Fisch beschränkt. Allerdings weiteten kreative Genießer wie Thomas von Aquin die Kategorie Fisch kurzerhand auf Rebhühner und Fasane aus. Noch heute sind Karpfenteiche fester Bestandteil alter Klöster. Auch wenn sich die Produktionsmengen in Europa innerhalb der letzten Jahre kaum verändert haben, werden vor allem im asiatischen Raum Jahr für Jahr immer größere Mengen erzeugt. Waren es 1980 noch bescheidene 140.000 t, stieg die Produktion bis 2022 auf über 4 Mio. t Karpfen (FAO 2024), die größtenteils in chinesischen Teichanlagen produziert werden. Damit gehört der Karpfen zu den am häufigsten produzierten Süßwasserfische weltweit.

Steckbrief

Größe
bis 120 cm, meist 30 – 40 cm
Herkunft
Asien, Europa
Nahrung
Wirbellose, selten kleine Wirbeltiere
Jahresproduktion
4.012.666 t (FAO 2024)
Biologie

Der Karpfen (Cyprinus carpio) ist nicht nur einer der bedeutendsten Aquakulturfische überhaupt, sondern ist auch Namensgeber der großen Familie der Karpfenfische (Cyprinidae), die über 3000 Arten zählt. Die ursprüngliche Heimat des Karpfens liegt im asiatischen Raum, von wo aus er sich durch natürliche Ausbreitung, Besatz und Zucht verbreitet hat.

Karpfen sind ausgesprochen wärmeliebende Fische, die besonders gut bei höheren Temperaturen wachsen (Warmwasser-Aquakultur). Der charakteristische Geschmack des Silvesterkarpfens geht jedoch auf die Überwinterung nah dem Gewässergrund zurück, die zu einer Anreicherung der geschmacksprägenden Stoffwechselprodukte (z. B. Fettsäuren) führt. Karpfen gedeihen besonders gut in Seen, Teichen und langsam fließenden Strömen, die nicht allzu tief sind und einen weichen, schlammigen Untergrund mit möglichst dichtem Makrophytenbewuchs (Unterwasserpflanzen) aufweisen. Obwohl der Karpfen als reiner Süßwasserfisch gilt, werden immer wieder Exemplare auch im Brackwasser (z. B. Kaspisches und Schwarzes Meer) gefangen. Adulte Tiere können ohne weiteres Salzgehalte bis 12 ‰ (selten höher) tolerieren. Obwohl der Karpfen unter diesen Bedingungen leben kann, ist die Wachstumsleistung reduziert. Da die Brut des Karpfens ausgesprochen sensibel auf einen Salzgehalt oberhalb von 4 ‰ reagiert, sind erhöhte Salzgehalte in der Zucht zu vermeiden.

Voraussetzung für eine natürliche Fortpflanzung sind ausreichend hohe Temperaturen von mindestens 18 °C. Mit Erreichen dieser Temperatur findet das Ablaichen im Frühjahr statt; erkennbar daran, dass meist mehrere Milchner einem Rogner folgen, bevor dieser an besonders krautigen Stellen oder überfluteten Wiesen ablaicht. Da Karpfen mehrfach in einer Reproduktionssaison ablaichen, kann sich die Paarungszeit auf mehrere Tage, ja sogar Wochen ausdehnen. Ein Rogner legt bis zu 1.000.000 ca. 1,5 bis 2 mm große Eier (200.000 Eier pro kg Rogner) ab. Die Karpfenbrut schlüpft dann nach 70 bis 100 Tagesgraden und beginnt ca. 48 h nach dem Schlupf (nach Resorption des Dottersacks) mit der aktiven Nahrungsaufnahme, direkt nachdem der Jungfisch seine Schwimmblase mit Luft an der Wasseroberfläche gefüllt hat. Zunächst besteht die Nahrung aus Zooplankton wie Rotatorien, Copepoden und Cladoceren. Mit zunehmender Größe werden auch Chironomiden, andere Insektenlarven, Würmer, Schnecken und Pflanzen – mit großen Mengen Sediment – gefressen. Adulte Exemplare machen dann auch vor kleineren Fischen und Amphibien nicht halt, die sie mittels einer Kauplatte (Karpfenstein) und dem zu paarigen Schlundzähnen bzw. -knochen umgewandelten fünften Kiemenbogen zermalmen.

Aquakultur

Karpfen gehören zu den wenigen schon besonders früh in der Aquakultur produzierten und gezielt gezüchteten Fischen (Domestikation). Bereits 500 v. Chr. wurde in Asien mit der Domestikation des Karpfens begonnen, evtl. auch schon früher. Darauf deuten zumindest Schriften des Gelehrten Fan Lee (von einigen Autoren auch als Fan Lai oder Fan Li bezeichnet) aus dem Jahr 5 v. Chr. (475 v. Chr.) hin. In Europa wurden Karpfen wohl erst ab dem 12 – 14. Jahrhundert in Teichen kultiviert und reproduziert. Aufgrund dieser langen Züchtungsgeschichte unterscheiden sich heutige Kulturformen des Karpfens z. T. sehr deutlich vom ursprünglichen Wildkarpfen. Hat der Wildkarpfen noch einen langgestreckten und stark beschuppten Körper mit kleinem Kopf und kurzen Flossen, so sind viele Zuchtformen extrem massig, hochrückig und mitunter nahezu schuppenlos (Spiegelkarpfen).

Neben der unterschiedlichen Morphologie und Färbung weichen die Kulturformen auch physiologisch von der Wildform ab. Besonders viele (über 100) unterschiedliche Farbvariationen, z. T. auch mit reduzierter Beschuppung (Doitsu) oder verlängerten Flossen (Butterfly-Koi), lassen sich bei Zierkarpfen, den Kois (abgeleitet von Goi, dem japanische Wort für Karpfen), finden. Da Kois weltweit aber fast ausnahmslos als Zierfische gehalten werden und nicht der menschlichen Ernährung dienen, werden sie im nachfolgenden Text nicht weiter behandelt.

Die in Aquakultur gezüchteten Karpfen wachsen wesentlich schneller als ihre wilden Verwandten und auch die Reifung und Fortpflanzung erfolgt früher. Laichen wilde Karpfen in mehreren Portionen über einige Tage ab, so endet das Laichen im Teich meist nach wenigen Stunden.

Generell lassen sich nach Art der Beschuppung vier Zuchtformen unterscheiden:

1. Schuppenkarpfen, welche vollbeschuppt sind.

2. Zeilkarpfen, die eine durchgehende Schuppenzeile entlang der Seitenlinie aufweisen.

3. Nackt- oder Lederkarpfen, die nahezu schuppenlos sind.

4. Spiegelkarpfen tragen meist Schuppen an den Flossenansätzen und über den Körper verteilt.

Bei diesen Zuchtformen handelt es sich aber nicht, wie zeitweise angenommen, um unterschiedliche Unterarten, sondern nur um Mutanten einer der zwei existierenden Unterarten:

1. des Europäischen Karpfens (Cyprinus carpio carpio)

oder

2. des Fernöstlichen Karpfens (Cyprinus carpio haematopterus)

Weltweit werden pro Jahr mehr als 4 Mio. t Karpfen gezüchtet (FAO 2024). Davon entfallen etwa 70 % der Produktion auf China, gefolgt von Indonesien. Die Karpfenzucht in Deutschland ist mit ca. 4.000 t (2022) im weltweiten Vergleich sehr gering. Dennoch ist der Karpfen nach der Regenbogenforelle der zweitwichtigste Fisch in der deutschen Aquakultur. Diese Produktion wird hauptsächlich in Teichwirtschaften Bayerns, Sachsens und Brandenburgs erwirtschaftet. Siehe hierzu auch den Informationsfilm zur Aquakultur in Deutschland. Die vornehmlich saisonal verfügbaren Karpfen werden entweder direkt vermarktet (z. T. veredelt als Filet oder Räucherware), über Großhändler als Lebendfisch gehandelt oder als Besatzmaterial für Angelteiche abgegeben.

Nachfolgende Informationen beziehen sich auf die Aquakultur von Cyprinus carpio in Europa, da hier andere Verfahrensweisen angewendet werden als in tropischen oder subtropischen Zuchten.

Aquakultur des Karpfens

Sobald die Wassertemperatur mindestens 18 °C erreicht hat, werden adulte Tiere (Milchner mind. 4, Rogner mind. 5 Jahre alt) in speziell vorbereitete Laich- bzw. Brutteiche (50 – 100 m²) überführt. Diese dienen ausschließlich der Reproduktion, also der Produktion von Brut. Sie werden meist erst kurz vor dem Besatz mit Wasser aus einem Vorwärmteich befüllt (bespannt), um so Fraßfeinde (z. B. Insektenlarven oder andere Fische) auszuschließen. Verschiedene Bereiche, u. a. tiefere Gräben (ca. 1 m) und flache Laichbeete, welche üppig bewachsen sein sollten, werden vorab angelegt. Zumeist werden Laichteiche mit mindestens einem Rogner und 2 – 3 Milchnern besetzt, die schnell mit der Paarung beginnen (max. 48 h). Nach dem Laichen werden die Elterntiere herausgefischt, um zu vermeiden, dass Brut bzw. Eier gefressen werden. Nach 70 – 100 Tagesgraden (Temperatur × Tage) schlüpfen die jungen Karpfen. Der Dottervorrat versorgt den Jungfisch für maximal weitere 48 h, während sich die Schwimm- und Fressfähigkeit ausprägt. Kurz danach werden die Jungfische mit feinen Netzen oder Keschern aus dem Laichteich entnommen, da dieser keine ausreichende Nahrungsgrundlage für das weitere Heranwachsen bietet.

Die Karpfenbrut (K0) wird dann in Brutvorstreckteiche überführt. Diese Teiche (selten größer als 10.000 m²) werden oft aufwendig vorbehandelt (wie z. B. Düngung, Einbringen von Gemenge oder Senfsaat vor dem Bespannen), um genug Nährstoffe (primär Phosphat) für die Entwicklung eines üppigen Nahrungsnetzes als Grundlage für Entwicklung und Wachstum der Brut bereitzustellen. Die Nährstoffe können über verschiedene Wege vorwiegend in den Grund/Boden des Teiches eingebracht werden. Früher wurden Teiche im Wechsel nicht nur als Teich, sondern auch als Ackerfläche bewirtschaftet. Dabei wurde ausreichend Stickstoff, Phosphat und Kohlenstoff in den Boden eingetragen. Durch die Entwicklung der modernen Landwirtschaft wird diese theoretisch sehr nachhaltige Wechselwirtschaft nur noch selten praktiziert. Dementsprechend ist man dazu übergegangen, entweder durch gezielte Einsaat und Aufzucht bestimmter Pflanzensorten, wie z. B. Senf oder Hafer, genügend Biomasse innerhalb kurzer Zeit zu produzieren, welche nach dem Bespannen der Teiche durch Zersetzungsprozesse kontinuierlich Nährstoffe in den Wasserkörper abgibt, oder, wo dies nicht möglich ist, Dünger in Form von Stallmist, Gülle oder anorganischem Dünger in den Bodengrund einzuarbeiten.

Durch diese Vorbereitung kommt es innerhalb weniger Tage (2 – 4 Tage) nach dem Bespannen zu einer explosionsartigen Vermehrung von Algen im Teich, die als Nahrungsgrundlage die schnelle Etablierung des Zooplanktons ermöglichen. Die so konditionierten Teiche werden mit 500.000 bis 1.000.000 K0/ha besetzt. Je nach Produktivität des Teichs und der Wassertemperatur wachsen die vorgestreckten Karpfen (Kv) innerhalb von 3 – 4 Wochen auf 4 – 5 cm heran und erreichen dabei Stückgewichte von meist 1 bis 2 g. Aus diesen Teichen werden die Kv dann entweder in Brutstreckteiche überführt (20.000 bis 30.000/ha) oder aber in den Vorstreckteichen belassen. Letzteres erhöht nicht nur den Arbeitsaufwand, sondern kann auch zu einer geringeren Wachstumsleistung führen.

Essentiell in dieser Phase der Aufzucht ist eine zusätzliche Fütterung mit geschrotetem Getreide und kommerziellem Pelletfutter (2 – 3 mm), da durch die enormen Wachstumsraten der Karpfen die Naturnahrung in den Teichen sehr schnell erschöpft ist. Durch die Zufütterung (1,2 – 1,5 kg Futter/kg Karpfen) lassen sich bis zum Herbst 500 bis 800 kg/ha einsömmerige Karpfen (K1) mit einem Gewicht von 30 – 50 g aufziehen. Größere Stückgewichte (70 – 100 g) werden bei geringerer Besatzdichte/-menge (15.000 bis 20.000/ha) erzielt. Ohne Zufütterung werden hingegen selten mehr als 250 – 350 kg/ha K1 erwirtschaftet (extensive Produktion). Sind die Brutstreckteiche tief genug (mind. 1 m), können die K1 bis zum Frühjahr darin belassen werden, anderenfalls ist die Überführung in tiefere Winterteiche nötig (Gefahr des Durchfrierens). Im Frühjahr können die Karpfen dann in Streckteiche umgesetzt werden und durch entsprechende Fütterung bis zum Spätherbst Stückgewichte von 300 – 700 g bei Gesamterträgen von 500 – 1000 kg/ha erreichen. Wie im Vorjahr erfolgt die Winterung in entsprechend tiefen Teichen und die weitere Mast bei Besatzdichten zwischen 500 – 1000 K2/ha in Abwachsteichen. Nach dem Sommer haben die Karpfen (K3) eine vermarktbare Größe von 1,5 – 2 kg erreicht. Die Hektarerträge bzw. Zuwachsraten sind dabei vergleichbar mit denen des Vorjahres. Durch intensive Fütterung lassen sich unter optimalen Bedingungen auch höhere Erträge bis 3000 kg/ha erwirtschaften. Bei der intensiven Fütterung können durch den erhöhten Nährstoffeintrag je nach Örtlichkeit deutliche Umweltemissionen auftreten.

Neben dieser klassischen Methode der Reproduktion und Aufzucht werden auch technologisch aufwendigere Verfahren verwendet, insbesondere in der intensiven Produktion. Dabei steht die kontrollierte Reproduktion im Vordergrund. Hier werden die Elterntiere für einige Wochen in temperierten Becken (20 – 24 °C) gehältert. Anschließend wir das Laichen (Ovulation bzw. Spermiation) hormonell eingeleitet (Gonadotropin-Releasing-Hormons bzw. GnRH Analoga in Kombination mit einem Dopamin-Antagonisten wie z. B. Metoclopramid [Gonazon, Ovopel, Ovaprim], Karpfenhypophysenextrakt). In Deutschland müssen all diese Präparate durch den Tierarzt für die Verwendung bei Fischen umgewidmet werden, wobei weitere Anforderungen und Regelungen erfüllt werden müssen. So dürfen nur Karpfenhypophysen aus eigener Produktion verwendet werden. Dies muss durch eine Haltererklärung mit dem Veterinäramt abgeklärt werden. Bei der Aufarbeitung (Entnahme der Hypophysen, Einlegen in Aceton, Wechsel des Mediums, Trocknung) muss theoretisch ein Vertreter des Amtes anwesend sein. Derzeitige Gonazonpräparate sind eher ungeeignet, da die erforderliche Menge kaum intramuskulär verabreicht werden kann. Bei Ovopel muss der Verbleib der Fische lückenlos bis zum Tod dokumentiert werden.

Die Behandlung erfolgt in der Regel einmalig bei Milchnern, wohingegen Rogner meist eine geringere erste Dosis (Priming-Dosis) vor der eigentlichen Hauptdosis erhalten (12 h zuvor). Die Dosierung wird abhängig vom Gewicht der Fische festgelegt. Meist können die Fische 9 – 12 h nach der letzten Applikation abgestreift werden. Die Befruchtung der Eier erfolgt mit aktiviertem Sperma, nach Zugabe und Aktivierung in Wasser. Das Verhältnis von Spermien zu Eiern ist kritisch, da geringe Spermienmenge zu geringen Befruchtungsraten führen. Nach der Befruchtung beginnen die Eier aufzuquellen und klebrig zu werden. Da klebrige Eier im Inkubator anhaften und suboptimal versorgt werden (Gefahr der Verpilzung), werden die Eier einer Antiadhäsionsbehandlung unterzogen. Am häufigsten ist eine chemische Behandlung mit Tannin (1,6 g Tannin/l Wasser), Eier werden aber auch durch Zugabe von Ton oder Milchpulver – hier besteht eine erhöhte Gefahr der Verpilzung, da Milchpulver ein gutes Substrat für Pilze darstellt – „entklebt" (durch anhaftende Partikel). Die Erbrütung erfolgt in Inkubatoren (z. B. Zugergläsern) bei ca. 23 °C, wobei die Eier in Bewegung gehalten werden. Der Schlupf erfolgt nach 70 – 100 Tagesgraden. Die Aufzucht der Brut erfolgt dann ebenfalls in Brutvorstreckteichen. Dieses Verfahren ermöglicht ein besseres Management der Reproduktion. Die Produktionsperiode kann so um mehrere Wochen vorverlagert oder verlängert werden.

Besonderheiten:
Da Karpfen sehr friedlich sind und artfremden Fischen kaum Beachtung schenken, ist es möglich, bestimmte Nebenfische in den Teichen mit aufzuziehen und so die Wertschöpfung zu erhöhen. Neben anderen Cypriniden, wie z. B. Schleien (Tinca tinca) oder Graskarpfen (Ctenopharyngodon idella), können auch verschiedene Störarten oder auch räuberische Fische, wie Zander (Sander lucioperca), Hechte (Esox lucius) oder Europäische Welse (Silurus glanis) zusammen mit größeren Karpfen aufgezogen werden.

Produktangebot

In Deutschland und Mitteleuropa sind Karpfen eine ausgesprochene Saisonware, die besonders im Spätherbst und Winter angeboten wird (Weihnachts- oder Silvesterkarpfen). Bis zum Verkauf werden die Tiere nach dem Abfischen in Hälterungsteichen untergebracht. In diesen werden sie nicht gefüttert, was den Geschmack verbessert. Da die Tiere aufgrund der sinkenden Wassertemperaturen im Herbst und Winter ihren Stoffwechsel reduzieren, ist der Einfluss auf das Erntegewicht marginal.

Während der Aushälterung verringert sich der oft erdige Geschmack (sogenanntes „off-flavour", z. T. auch als „moseln" bezeichnet). Diese Geschmacksbeeinträchtigung wird durch bestimmte Stoffwechselprodukte (z. B. Geosmin, 2-Methylisoborneol und Isopropylmethoxypyrazin) hervorgerufen, die von natürlicherweise im Wasser und Teichboden vorkommenden Mikroorganismen, wie z. B. Cyanobakterien, Streptomyceten und Myxobakterien abgegeben und teilweise im Fleisch eingelagert werden.

Aus ernährungsphysiologischer Sicht ist der Karpfen zwar ein recht fettreicher Fisch (nach AID ein mittelfetter Fisch mit Gesamtfettgehalten von 6 – 8 %), der jedoch einen relativ hohen Anteil an essentiellen Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren aufweist (je nach Fütterung bis zu 40 % des Gesamtfettgehaltes).

Ganze Fische: Besonders zu den Festtagen werden ganze Karpfen bevorzugt. Das früher traditionell durchgeführte Aushältern der Fische in der heimischen Badewanne ist mittlerweile aber weder notwendig noch ist es zulässig, da lebende Tiere für den Verzehr entsprechend der EG Nr. 1099/2009 Tierschutz-Schlachtverordnung – TierSchlV nicht mehr an den Endverbraucher abgegeben werden dürfen.

Filet: Seltener als ganze Karpfen kommen auch Filets in den Handel. Der Karpfen ist mit seinen 99 Gräten (besonders vielen Zwischenmuskelgräten) aber relativ grätenreich. Deshalb werden die Filets häufig mit einem Grätenschneider veredelt. Reste der Zwischenmuskelgräten werden dann beim Verzehr nicht mehr wahrgenommen.

Zertifizierung

Obwohl weltweit große Mengen Karpfen produziert werden, sind von einigen gängigen Nicht-Bio-Labeln wie z. B. dem ASC oder FRIENDS OF THE SEA noch keine Standards für die Aquakultur von Karpfen vorhanden. Bei den Ökosiegeln sieht es da schon anders aus. Der Karpfen war z. B. der erste Fisch, für den vom Naturland-Verband Standards definiert wurden. Ferner sind problemlos Karpfen zu bekommen, die nach den Standards des EU-Biosiegels produziert wurden.

Nachgehakt

Karpfenteichwirtschaften werden gerne als „Hotspot" der Biodiversität bezeichnet, ist das gerechtfertigt oder handelt es sich dabei eher um eine Marketingstrategie?

Tatsächlich ist es so, dass besonders die mittlerweile hauptsächlich praktizierte extensive Teichwirtschaft eine strukturelle Diversität verschiedener Lebensräume generiert und erhält (siehe auch Artikel Umweltauswirkungen der Aquakultur). Allein die verschieden konditionierten und strukturell unterschiedlichen Teicharten, die während des Produktionszyklus eingesetzt werden (Brut-, Vorstreck-, Streck- und Abwachsteiche), bieten nicht nur den Karpfen einen hervorragenden Lebensraum. Neben verschiedenen Amphibien und Reptilien wie z. B. Rotbauchunken, Erdkröten, Moor- und Grasfröschen, verschiedenen Molcharten (Berg-, Teich- und Kammmolch), Sumpfschildkröten, Ringelnattern und Kreuzottern sind die meist weitläufigen Teichanlagen ebenfalls Lebens- und Rückzugsraum vieler z. T. geschützter Vogelarten wie Eisvogel, Rot- und Schwarzhalstaucher, Knäk-, Tafel-, Reiher- und Moorenten, Rohrdommeln, verschiedener Limikolen (Regenpfeiferartigen – Charadriiformes) und des Wiedehopfs.

Auch die in der Roten Liste geführten stark gefährdeten Fischarten Europäischer Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis), Karausche (Carassius carassius) und Bitterling (Rhodeus amarus) sind in Karpfenteichen zu finden. Daher wurden mittlerweile nicht wenige historische Teichanlagen unter Schutz gestellt bzw. Teil von Naturschutzmaßnahmen, wie z. B. das Peitzer Teichgebiet oder der Ismaninger Speichersee, die u. a. als Ramsar-Gebiete ausgewiesen wurden. Die Peitzer Teiche wurden ebenfalls, neben den Meißendorfer, den Riddagshäuser und den Bärenbrücker Teichen, als IBA (Important Bird Areas) gekennzeichnet. Besonderen Schutz genießen ferner die Fischteiche der Blumberger Mühle, die zum ca. 130.000 ha großen UNESCO-Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin gehören.

 

Karpfen werden besonders zur Weihnachtszeit in Verkaufsaquarien gehältert – welche Erkenntnisse liegen hier im Hinblick auf das Wohl der Tiere vor?

In einigen Fachgeschäften werden besonders in den letzten Monaten des Jahres lebende Fische, darunter auch Karpfen, angeboten. Die Haltung dieser Tiere unterliegt den Richtlinien gemäß Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 Abschnitt 3 § 9, die regelmäßig kontrolliert werden (Kontroll- und Aufsichtsfunktion der Ordnungs- bzw. Veterinärämter). Die Richtlinien sehen dabei keine konkreten Beckengrößen vor, geben aber Folgendes an:

1) Lebende Fische nur in Behältern aufbewahrt werden dürfen, deren Wasservolumen den Tieren ausreichende Bewegungsmöglichkeiten bietet. Unverträgliche Fische müssen voneinander getrennt gehalten werden.

2) Den Wasserqualitäts-, Temperatur- und Lichtansprüchen der einzelnen Arten ist Rechnung zu tragen. Insbesondere müssen ein ausreichender Wasseraustausch und eine ausreichende Sauerstoffversorgung der Tiere sichergestellt sein.

3) Das Allgemeinbefinden und der Gesundheitszustand der Tiere sind mindestens jeden Morgen und jeden Abend zu kontrollieren. Soweit notwendig, sind Tiere unverzüglich abzusondern oder zu töten. Tote Fische sind unverzüglich aus dem Behälter zu entfernen."

(Auszug aus Verordnung [EG] Nr. 1099/2009 Abschnitt 3 § 9)

Da diese Verordnung aber noch sehr viel Interpretationsraum lässt, hat die tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. TVT eine Empfehlung zur Hälterung von Speisefischen im Einzelhandel erarbeitet, die mittlerweile auch von den Veterinärämtern als Richtwert zur Beurteilung herangezogen wird. Für Karpfen ist dabei eine maximale Besatzdichte von 200 kg/m³ bei Wassertemperaturen zwischen 15 und 20 °C vorgesehen. Der Sauerstoffgehalt soll dabei 4 mg/l nicht unterschreiten.

Ob die Tiere in diesen Verkaufsaquarien dabei unter einem erhöhtem Stress leiden, lässt sich bei der derzeitigen Datenlage nicht abschließend beurteilen. Es ist aber davon auszugehen, dass das wiederholte Herausfangen einzelner Individuen Stress auslöst, zumindest im Vergleich zu „normalen" Haltungsbedingungen. Generell wirken sich aber die empfohlenen Haltungstemperaturen, der angestrebte hohe Sauerstoffgehalt und das Nicht-Füttern der Tiere während der Hälterung positiv auf die Stressanfälligkeit aus. Tiere, die bei höheren Temperaturen, schlechter Wasserqualität bzw. geringem Sauerstoffgehalt und in gefüttertem Zustand gehalten werden, reagieren wesentlich sensibler auf entsprechende Stressoren.

Literatur & Links

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[Stand 05/2019]

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