Störe

Acipenseridae

Alle 26 bekannten Stör-Arten (Acipenseridae) sind durch das Washingtoner Artenabkommen als gefährdet oder als vom Aussterben bedroht klassifiziert worden. Bekannt sind sie vor allem als Lieferanten von Kaviar.

Vorrangige Stör-Art in der Aquakultur ist der Sibirische Stör (Acipenser baerii). Foto: J. Gessner

Störe (Acipenseridae) zählen zu der sehr urtümlichen Familie der Knorpelganoiden (Chondrostei). Alle 26 bekannten Arten sind seit 1998 durch das Washingtoner Artenabkommen (CITES) als gefährdet oder als vom Aussterben bedroht klassifiziert worden. Der Europäische Stör (Acipenser sturio) z. B. gilt seit den 1970er Jahren als nahezu ausgestorben. Aus diesem Grund dürfen Kaviar und andere Störprodukte weltweit nur mit gültigen CITES-Papieren (Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen) gehandelt werden. Die Gründe für die bedauerlicherweise immer noch sinkenden Populationszahlen sind nicht nur in der zunehmenden Gewässerverbauung und –verschmutzung zu suchen. Sie sind auch eine direkte Folge des intensiven Fischereidrucks (insbesondere der illegalen Fischerei). Mittlerweile ist aber die kommerzielle Nutzung der meisten Wildbestände verboten oder stark eingeschränkt.

Als Kaviar werden reifende (nicht ovulierte), gesalzene Fischeier bezeichnet. Dieser kann von verschiedenen Fischarten stammen (Seehase, Forelle, Lachs...), der „echte" Kaviar wird aber vom Stör gewonnen. Störe und Störprodukte wurden schon in der vorchristlichen Zeit verwertet. So ziert z. B. das Ebenbild eines Störs die Rückseite einer fast 2.400 Jahre alten Münze aus Kleinasien.

Steckbrief

Größe
je nach Art (bis max. ca. 5 m)
Herkunft
Asien, Europa, Nordamerika, Atlantik, Pazifik, Schwarzes und Kaspisches Meer
Nahrung
Wirbellose, Fisch (selten)
Jahresproduktion
154.546 t (FAO 2024)
Biologie

Fast alle Störe sind anadrome Wanderfische. Den größten Teil ihres Lebens verbringen sie im Meer oder im Brackwasser. Zum Laichen ziehen sie ins Süßwasser. Bei diesen Laichwanderungen legen sie enorme Distanzen von 2.000 km (und mehr) zurück. Alle Störe besitzen einen spindelförmigen Körper, deren Rücken und Flanken mit großen Knochenplatten, welche in 5 Reihen angeordnet sind und auf der Bauchseite fehlen, besetzt sind.

Charakteristisch ist auch die zuweilen sehr weit ausgezogene Schnauzenpartie und die heterocerke (oberer Schwanzlappen länger als der untere) Schwanzflosse. Als Anpassung an die bodenorientierte Lebens- und Ernährungsweise sind die Augen relativ klein, das olfaktorische Organ (Geruchssinn) mit 20 bis 30 Lamellen aber sehr gut ausgebildet.

Das Nahrungsspektrum von Stören ist ausgesprochen vielfältig. Ernähren sich frisch geschlüpfte Störe zunächst noch von Zooplankton, so ändert sich das sobald die Tiere heranwachsen. Der Großteil ihrer Beute rekrutiert sich dann aus Muscheln, Schnecken, Würmer und Krebsen (Piscivore/Fischfresser wie der Beluga (auch Hausen, Huso huso), sind die Ausnahme). Bei der Nahrungssuche spüren Störe ihre Beute mithilfe ihrer vier Barteln und den elektrorezeptiven Sinneszellen an der Schnauzenspitze auf. Die bodenlebende Beute wird dann mit dem vorstülpbaren Maul regelrecht aufgesaugt.

Schnauze Stör
Störe sind ausgesprochen langlebig. Besonders großwüchsige Arten wie z. B. der Hausen (Huso huso) können ein Alter von bis zu 150 Jahren erreichen, um geschlechtsreif zu werden benötigen sie über 20 Jahre. Die Männchen (Milchner) werden (wie fast bei allen Fischen) früher geschlechtsreif als die Weibchen (Rogner).

Haben die Störe nach ihrer langen Wanderung ihre angestammten Laichplätze mit meist steinigem Grund erreicht, findet die Fortpflanzung gewöhnlich bei Wassertemperaturen zwischen 10 und 20°C statt. Die männlichen Tiere werden dabei vermutlich durch Abgabe spezifischer Pheromone von den laichbereiten Weibchen angelockt. Während des Laichakts entlässt das Weibchen die Eier (bis zu 20.000 pro kg Körpergewicht) frei ins Wasser, welche dann durch das Sperma des Männchens befruchtet werden. Innerhalb weniger Minuten nach der Befruchtung quellen die Eier auf und bilden eine klebrige Glykoproteinschicht aus, die hilft die Eier bis zum Schlupf der Larven am Boden bzw. Wasserpflanzen zu verankern. Die Störlarven schlüpfen abhängig von Wassertemperatur und Störart nach 60 bis 240 h. Innerhalb einer Störpopulation kann es Unterpopulationen geben, die sich zu verschiedenen Zeiten des Jahres fortpflanzen, entweder im Frühjahr, Sommer oder im Herbst. Jede Reproduktionsgruppe trägt zum Überleben des Bestandes bei, so dass der Ausfall einer Gruppe/Reproduktion weniger Folgen für den Fortbestand der Art hat. Auch lassen sich so Laichgründe und Nahrungsressourcen viel ausgewogener nutzen, wenn Nachwuchs und seine Ernährung auf verschiedene Jahreszeiten verteilt wird.

Aquakultur

Gleichzeitig mit den sinkenden Jahresfangmengen gewann die Aquakultur des Störs immer mehr an Bedeutung im Verlauf des letzten Jahrhunderts. Wurde 1990 weltweit nur eine Gesamtjahresproduktion von 1.000 t Störfleisch erwirtschaftet, führte der Ausbau der Aquakultur zu einem schnellen Anstieg der Produktion, so dass 2007/08 schon ca. 30.000 t Störe (bzw. Störfleisch) in der Aquakultur gezüchtet wurden. Im Jahr 2022 waren es bereits über 154.000 t Führend in der Störproduktion ist China ca. 130.000 t (FIGIS FAO 2022).

Lebenszyklus und Aquakultur von Stören

Die in der Aquakultur gezüchteten Störe werden in der EU vorrangig für die Produktion von Kaviar verwendet, der Verkauf von Störfleisch ist wirtschaftlich weniger relevant. Für den Verzehr werden vor allem Männchen vermarktet, die erst nach ca. zwei Jahren von den Weibchen unterschieden werden können. Die Männchen werden aussortiert und das Fleisch (frisch oder als Räucherware) gelangt in den Handel. Eine genauere Angabe der produzierten Mengen an Kaviar in der EU ist nur schwer möglich. Weltweit liegt die steigende Produktion bei ca. 340 t pro Jahr. Ungefähr 45 % davon wurde in Europa produziert. Vorrangige Art in der Aquakultur ist der Sibirische Stör (A. baerii). Dieser ist einfacher zu halten und kann – aufgrund des relativ kurzen Lebenszyklus (frühe Geschlechtsreife) - mit am schnellsten für die Kaviarernte herangezogen werden.

Kaviarproduktion

In der Aquakultur werden hauptsächlich die fünf folgenden Störarten produziert:

1. Sibirischer Stör Acipenser baerii

2. Hausen Huso huso

3. Weißer Stör Acipenser transmontanus

4. Russischer Stör oder Waxdick Acipenser gueldenstaedtii

5. Hybriden, z. B. der Bester, eine Kreuzung aus Huso huso und Acipenser ruthenus (Sterlet)

Die Haltung von Stören ist relativ einfach, da diese außer einer möglichst großen Bodenfläche geringe Ansprüche an ihre Umgebung stellen. Deshalb können sie auch in einer Vielzahl von Aquakultursystemen aufgezogen werden:

1. Netzgehege (hauptsächlich in der russischen Föderation, China und Uruguay)
2. Teichanlagen
3. Outdoor Tanks (Durchflussanlagen)
4. Geschlossene Kreislaufsysteme

Gefüttert werden die Tiere meist mit extrudiertem Pelletfutter, welches den Vorteil hat langsamer zu zerfallen. Dies kommt den bei der Futteraufnahme eher langsamen Stören entgegen. Je nach Qualität des eingesetzten Futters liegt der Futterquotient (FCR) gewöhnlich zwischen 1 und 1,5 (bei geringerer Futterqualität bis 4).

Produktangebot

Kaviar:

Das wertvollste Produkt des Störs ist der Kaviar. Das Verfahren der Kaviarherstellung hat sich im Verlauf der Jahrhunderte kaum verändert. Den Störweibchen werden (nach der Schlachtung) die fast reifen Ovarien (Eierstöcke) entnommen. Diese werden dann durch 4 bis 6 mm Siebe passiert. Dadurch trennt man die Eier vom umgebenden Gewebe (Ovarialhäute, Fettgewebe). Anschließend werden die Eier gründlich mit Wasser gereinigt und dann vorsichtig mit Salz vermengt. Je nach zugegebener Salzmenge unterscheidet man mildgesalzenen Kaviar = Malossol (ca. 3,5 % Salz), klassischen Kaviar (6 - 9 % Salz) und Presskaviar (mehr als 9 % Salz; wird nur noch selten angeboten).

Für die Produktion des Kaviars werden hauptsächlich drei Störarten verwendet:

1. Der Hausen (Huso huso) liefert den Beluga-Kaviar. Beluga gilt als der beste und teuerste Kaviar. Die Ei- bzw. Korngröße ist mit durchschnittlichen 3,5-4,5 mm groß, die Eihaut ist aber relativ dünn. Der Beluga ist in verschiedenen Farbsortierungen (hell-, mittel- und dunkelgrau) und Qualitätststufen erhältlich. Die beste Qualität bekommt den Nummerncode 000, eine mittlere 00 und die niedrigste Qualität eine 0.

2. Der Russische Stör oder auch Waxdick (Acipenser gueldenstaedtii) liefert den Osietra. Der Osietra hat eine Korngröße bis 3,5 mm und ist hartschaliger als der Beluga. Auch dieser Kaviar wird in verschiedenen Farbabstufungen angeboten. Diese reichen von einem hellen Grau bis zu tiefem Schwarz. Als Besonderheit gilt der von Albino-Stören stammende Schah-
oder Imperial-Kaviar. Dieser ist bernsteinfarben bis goldgelb.

3. Der Sternhausen (Acipenser stellatus), aus dessen Eiern der Sevruga hergestellt wird. Der Sevruga ist mit 2,5 mm sehr feinkörnig und äußerst dünnschalig, was ihn sehr empfindlich macht. Die Färbung variiert zwischen mittelgrau und stahlgrau. Von den drei beschriebenen Kaviararten ist der Sevruga der günstigste.

Kaviar ist in zwei Haltbarkeitsklassen verfügbar, entweder als Frischware oder pasteurisiert. Frischer Kaviar ist bei -2°C nur 6 - 9 Monate haltbar. Pasteurisierter Kaviar dagegen ist bei -2°C bis zu einem Jahr haltbar. Die jährlich produzierte Menge an Kaviar lässt sich bestenfalls schätzen (z. B. anhand von FAO-Daten) und dürfte im Jahr 2011 ca. 210 t betragen haben. Weltweit liegt derzeit die steigende Produktion bei ca. 340 t pro Jahr. Aufgrund diverser Moratorien (Rumänien, Bulgarien, Anrainer Kaspisches Meer) wird derzeit (fast) nur Kaviar aus der Aquakultur international gehandelt.

Störfleisch: Auch das Fleisch der Störe erfreut sich großer Beliebtheit (besonders in Osteuropa), da dieses grätenfrei und besonders fest im Biss ist, ein feines Aroma hat und sich hervorragend zum Räuchern eignet.

Weitere Produkte: Neben den klassischen Produkten wie Kaviar und Fleisch, werden auch die sogenannten Nebenprodukte des Störs immer stärker nachgefragt. Die Haut wird zu Fischleder verarbeitet, die Schwimmblase wird zum Klären von Wein genutzt, Isinglass (Chorda) als Bindemittel und der Knorpel und Teile der Innereien werden von der chemischen und kosmetischen Industrie verwendet.

Zertifizierung

Die Produktion von Stören und Kaviar stellt im Bereich der Aquakultur eine Besonderheit dar. Alle Störartigen (Acipenseridae) sind seit 1998 im Washingtoner Artenschutzabkommen (WA) gelistet sind und gelten als geschützt. Seit dem Jahr 2000 gilt deshalb ein einheitliches Kennzeichnungssystem für den Export von Kaviar, um so einen legalen Handel zu ermöglichen und eine zweifelsfreie Identifizierung ordnungsgemäß produzierter Ware zu gewährleisten. Die EU hat diese Kennzeichnungspflicht in das Europäisches Recht übernommen (EG Nr. 865/2006, Nr. 100/2008). Die Verordnungen sehen vor, dass alle Behälter zur Verpackung von Kaviar dieser Kennzeichnungspflicht unterliegen, wenn sie kommerziellen Zwecken dienen. Jede Verpackung enthält entsprechend den Regularien folgende Angaben auf nicht wiederverwendbaren Etiketten:

1. Störart (z. B. BAE für Acipernser baerii)

2. Herkunftscode für den Kaviar gemäß CITES (z. B. C für in Aquakultur produziert)

3. Zweistelligen ISO-Ländercode (z. B. DE für Deutschland)

4. Jahr der Kaviargewinnung

5. BfN-Registrierungsnummer des Betriebes

6. Lot-Identifikationsnummer der entsprechenden Charge

Die Kennzeichnung der Behälter soll dabei mit den Beschlüssen der CITES (The Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) Vertragsstaaten-Konferenz (Resolution Conf. 12.7 (rev. CoP 14)) übereinstimmen.

Zusätzlich müssen im europäischen Raum alle Betriebe, die Störe und Kaviar in Aquakultur produzieren, diese importieren oder neu verpacken, zugelassen und registriert sein (Art. 64 Abs. 1 Buchstabe g und Abs. 2, Art. 65 Abs. 3, Art. 66 Abs. 6 und 7 VO (EG) Nr. 865/2006). Aquakulturbetriebe müssen darüber hinaus Angaben über die gehaltenen Störarten, detaillierte Informationen zur Herkunft der Tiere und deren Legalität vorweisen. In Deutschland wird dieses durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) kontrolliert.

Nachgehakt

Kann die Aquakultur die natürlichen Bestände der Störe vor Überfischung schützen und zur Arterhaltung beitragen?

Der Grundstein der Stör Aquakultur wurde in den 1950er Jahren in der Sowjetunion mit den Bestandsstützungsmaßnahmen im Kaspischen und Azovschen Meer gelegt. Hier wurden bis zu 100.000.000 Störe als Ausgleich für die massive Verbauung der Zuflüsse des Kaspischen und des nordöstlichen Schwarzen Meeres in Teichanlagen vorgestreckt und besetzt. Dieses Ocean Ranching hat bis in die 1980er Jahre hohe Erträge aus der Störfischerei gesichert. Mit dem Einbruch der Störbestände im Kaspischen Meer und dem damit verbundenen Anstieg der Preise für Kaviar wurde die Aquakulturproduktion von Stören für die Kaviarproduktion lukrativ. Die Haltungs- und Produktionsbedingungen waren noch in den 1980ern Gegenstand der Forschung und halfen maßgeblich, dass sich eine Störaquakultur unabhängig von den natürlichen Beständen etablieren konnte. Die Produktion von ca. 340 t des Störkaviars im Jahr 2017 führt in der Aquakultur bereits zu einer Sättigung des Marktes, der sich auf die Produzentenpreise auswirkt. Ein weiterer Anstieg der Produktionsmengen ist aber trotzdem zu erwarten. Trotz des zunehmenden Angebots an Farm-Kaviar wird international weiterhin illegal Wildkaviar gehandelt.

Problematisch ist die Schwarzfischerei von Stören, welche immer noch eine wichtige Rolle für die lokale Wirtschaft spielt. Besatzmaßnahmen mit Fischen aus spezialisierten Zuchtbetrieben sollen helfen, die immer noch im Rückgang befindlichen Populationen (besonders im Schwarzen und Kaspischen Meer) zu stabilisieren. Damit diese Maßnahmen aber langfristig Wirkung zeigen, bedarf es der konsequenten Verbesserung der natürlichen Laich- und Aufwuchsgebiete (Renaturierung), die massiv durch Verunreinigung belastet sind, der Passierbarkeit der natürlichen Wanderwege, sowie einer effizienten Kontrolle der Einhaltung der Fischereigesetze.



Können Störbestände noch legal befischt werden?

Weltweit sind alle 25 Störarten (Acipenseridae) auf der Roten Liste der bedrohten Arten des IUCN (International Unit for Conservation of Nature and Nature Resources, Stand 6/2014) gelistet. Der Internationale Handel von Kaviar wird durch das CITES Abkommen kontrolliert (Convention on the International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora, Washingtoner Artenschutzabkommen). Auch wenn die nordamerikanischen Arten Weißer Stör (A. transmontanus), der See-Stör (A. fluvescens), eine Schaufelstörart, sowie der Sibirische Stör (A. baerii) und der Sterlet (A. ruthenus) regional in einigen ihrer Heimatflüssen legal befischbar sind, dürfen diese aber nicht international gehandelt werden. Nachdem Bulgarien sich 2012 dem Moratorium von Serbien und Rumänien (vollständiger Fischerei-Stopp) im Donau-Einzugsgebiet angeschlossen hat, wird in der EU nur noch der Sterlet in der Slowakei und Ungarn legal fischereilich bewirtschaftet. Auch wenn dieser jedoch nicht zu den Arten gehört, die vorrangig für die Kaviarproduktion genutzt werden (A. gueldenstaedtii, A. stellatus, H. huso sowie - als wichtigste Art in der Aquakultur – A. baerii), ist Wilderei ein ernsthaftes Problem, das alle gefährdeten Störarten betrifft, insbesondere für die Bestände im Donau-Flusseinzugsgebiet aufgrund unzureichender Durchsetzung der Schutzmaßnahmen massive Auswirkungen hat.

Gibt es Besatzmaßnahmen zur Erhaltung der Störbestände?

In vielen Ländern gibt es Bemühungen zum Erhalt und zur Wiedereinbürgerung der einheimischen Störarten. Besonders hervorzuheben ist das deutsch-französische Programm (IGB, Berlin und IRSTEA, France) zum Arterhalt des Europäischen Störs (A. sturio), der nur noch in einer einzigen „Relikt“-Population in der französischen Gironde zu finden ist. Der Baltische Stör (A. oxyrhinchus) wird in einem umfassenden ostseeweiten Projekt im Einzugsgebiet der Oder, Weichsel, Pregel, Nemunas, Daugava, etc. angesiedelt. Ziel solcher Maßnahmen ist die Etablierung sich selbst erhaltender Bestände (Pan-Europäischer Aktionsplan zum Schutz und zur Erhaltung der Störe, Berner Konvention 27.09.2018).

Trägt die Aquakultur des Störs zur Faunenverfälschung bei?

Tatsächlich gibt es Berichte über Hybridisierungen von Wildfischbeständen durch sogenannte Escapees (entkommene Tiere). Das diese durch die erfolgreiche Verpaarung mit freilebenden Tieren zur Faunenverfälschung beitragen können ist unumstritten. Daher müssen besondere Vorsichtsmaßnahmen von Aquakultureinrichtungen getroffen werden, welche exotische Störarten produzieren.

Welche Möglichkeiten gibt es Kaviar aus Aquakultur und aus Wildfängen zu unterscheiden?

Obwohl der Internationale Handel durch das CITES Abkommen kontrolliert wird, ist die Wilderei ein weltweites Problem bei Schutz der verbliebenen Störpopulationen. Im Rahmen des internationalen Handels werden genetische Analysen zur Identifizierung der Art routinemäßig am Kaviar durchgeführt. Bei Arten, die auch in der Aquakultur gezüchtet werden, reicht dies allein nicht aus, um Zuchtkaviar von solchem aus der Wilderei zu unterscheiden. Hier besteht die Möglichkeit die Herkunft (Region) und Ursprung (Aquakultur oder Wildfang) durch Isotopenanalyse zu bestimmen. Diese Analysen können bei einer CITES-Kontrolle die Unbedenklichkeit des Zuchtkaviars belegen. Sie können daher im Rahmen von Bio-Zertifizierung angewendet werden, um die Unbedenklichkeit von gehandelter Ware nachzuweisen.

Welche Störarten kommen oder kamen im Bereich der EU vor?

Störe legen mitunter weite Migrationswege zurück. Mit Ausnahme des Sterlets, des See Störs und des Sibirischen Störs, die innerhalb der Heimatflüsse wandern, sind Störe anadrome Wanderfischarten, d. h. sie laichen im Süßwasser und verbringen den Großteil der adulten Lebensphase im Meer. Im Bereich der EU kommen die meisten Störarten im Einzugsbereich der Donau und des Schwarzen Meeres vor.

Der Europäische Stör (A. sturio) gehört zu den gefährdetsten Fischarten überhaupt. Eine Vermehrung in freier Wildbahn konnte seit über 25 Jahren nicht beobachtet werden (letzte Population in der Gironde, Frankreich). Der Baltische Stör (A. oxyrinchus) ist ausgestorben und derzeit Ziel intensiver internationaler Wiederansiedlungsmaßnahmen (federführend IGB, Berlin). Im Bereich der EU kommen bzw. kamen folgende Arten natürlicherweise vor (Verbreitung außerhalb der EU nicht aufgeführt):

Sterlet (A. ruthenus) – Lebenszyklus auf Süßwasser beschränkt, Donau-Flusseinzugsgebiet (ursprüngliche Verbreitung Deutschland, Tschechische Republik, Slowakei, Ungarn, Romänien, Bulgarien)

Beluga oder Hausen (Huso huso) – Donau-Flusseinzugsgebiet (ursprüngliche Verbreitung Deutschland (bis Regensburg), Tschechische Republik, Slowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien) und Schwarzes Meer (marine Phase), sowie im Bereich der Adria (Italien, Slowenien) und des Einzugsgebiets des Po (Italien)

Sternhausen (A. stellatus) – Donau-Flusseinzugsgebiet (ursprüngliche Verbreitung Tschechische Republik, Slowakei, Ungarn, Romänien, Bulgarien) und Schwarzes Meer (marine Phase), griechische Zuflüsse zum Marmarameer und der Ägäis

Russischer Stör (A. gueldenstaedtii) – Hinweise zu einer historischen Verbreitung im Bereich der Donau (Romänien, Bulgarien) und Schwarzes Meer (marine Phase), griechische Zuflüsse zum Marmarameer und der Ägäis

Adriatischer Stör (A. naccarii) – Verbreitung im Einzugsgebiet der Adria, zwischen Po und Buna (Italien, Slowenien, Albanien, Einzelnachweis Korfu)

Europäischer Stör (A. sturio) – Flusseinzugsgebiete entlang der Europäischen Küsten (Schwarzes Meer bis Nordsee)

Baltischer Stör (A. oxyrinchus) – Flusseinzugsgebiete in der südlichen Ostsee, vereinzelte Nachweise aus dem Bereich der Nordsee sowie der europäischen Atlantikküste

Kaukasischer Stör (A. colchicus) - Hinweise zu einer historischen Verbreitung im Bereich der unteren Donau (Bulgarien, Rumänien), andauernde Diskussion über taxonomischem Status

Glattdick (A. nudiventris) - Donau-Flusseinzugsgebiet (ursprüngliche Verbreitung Slowakei bis Bratislava, Ungarn, Rumänien, Bulgarien) und Schwarzes Meer (marine Phase)

Literatur & Links

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[Stand 05/2019]

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