Stressmanagement

Stress kann bei Fischen, genau wie beim Menschen, zu einer Beeinträchtigung der Körperfunktionen oder zu Erkrankungen führen. Foto: Pixabay

Auf einen Blick: Stressmanagement

Stress kann bei Fischen, genau wie beim Menschen, zu einer Beeinträchtigung der Körperfunktionen oder zu Erkrankungen führen. Dies kann sich auf den gesamten Fischbestand und auf die Wirtschaftlichkeit des Betriebes auswirken. Durch ein erfolgreiches Stressmanagement in der Aquakultur, wird Stress reduziert, um das Wohlbefinden und die Gesundheit der Fische zu gewährleisten.

Verschiedene Faktoren (sogenannte Stressoren) können Stress bei Fischen auslösen. Hierzu zählen falsche Besatzdichten (zu viele, aber auch zu wenige Fische in einem Becken oder Teich), schlechte Wasserqualität oder falsche Haltungsbedingungen (z. B. niedriger Sauerstoffgehalt, zu hohe oder zu niedrige Temperaturen) und das Handling der Fische (z. B. das Herausfangen mit einem Kescher).

Bei dauerhaft gestressten Fischen wird sehr viel Energie in die Wiederherstellung des inneren Gleichgewichtes investiert. Man kann anhaltende Veränderungen beobachten, die den gesamten Organismus und seine Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Die Tiere wachsen langsamer, sind häufig anfälliger für Krankheiten oder zeigen ein verändertes Verhalten (verringerte Futteraufnahme, Aggression). Über einen längeren Zeitraum kann dies im Extremfall sogar zum Tod führen.

Zur Vermeidung von Stress ist es deshalb wichtig, die Vorlieben der gezüchteten Fischart zu kennen und Belastungen zu vermeiden. Manche Fischarten leben z. B. gerne im Schwarm, während andere sich gerne verstecken. Dies muss bei der Haltung berücksichtigt werden.

Weiterführende Informationen erhalten Sie im Haupttext.

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Fische werden, ebenso wie der Mensch, durch Stress in ihrer Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Dies umfasst nicht nur die Gesundheit der Tiere, sondern auch die für den Fischwirt relevante Wachstumsleistung. Eine dauerhafte Belastung (im Sinne von Stress) kann nur durch eine optimale Haltung vermieden werden. Dabei spielen insbesondere die Wasserqualität (Temperatur, pH, Stickstoffverbindungen, etc.), die Haltungsdichte (Vermeidung von sozialem Stress), eine optimale Fütterung (Futterintensität und -frequenz) eine entscheidende Rolle. Eine automatisierte Erfassung ermöglicht das schnelle Erkennen stressrelevanter Belastung.

Stress ist eine natürliche, physiologische Reaktion auf eine äußere Belastung. Somit kann man Stress als einen Mechanismus sehen, der einem äußeren Stressor entgegenwirkt, um das innere Gleichgewicht (Homöostase) des Individuums wiederherzustellen, also auf die Bewältigung der Belastung abzielt.

Die Reaktion auf Belastung gliedert sich bei Fischen, aber auch allen anderen Wirbeltieren, in drei Phasen (primäre, sekundäre und tertiäre Stressantwort). Auf die Belastung und ihre Verarbeitung im Gehirn hin werden Stresshormone, insbesondere Cortisol und Katecholamine (Adrenalin, Noradrenalin) ausgeschüttet (primäre Stressantwort). Dies bereitet den Körper auf die bevorstehende Reaktion - "flight or fight", Flucht oder Kampf - vor und umfasst die Anpassung des Stoffwechsels, beispielsweise die Energiemobilisierung (sekundäre Stressantwort).

Stress bei Fischen

Lang anhaltender, chronischer Stress, z. B. durch falsche Besatzdichten oder eine unzureichende Wasserqualität, wirkt sich verglichen mit akutem Stress besonders nachteilig und anhaltend auf das Individuum (und seine Leistungsfähigkeit) aus (tertiäre Stressantwort). Zunächst werden häufig geringere Futteraufnahme (Appetenz), schlechtere Futterverwertung (engl. feed conversion ratio, FCR), sowie ein verändertes Schwimmverhalten beobachtet. Die Tiere investieren sehr viel Energie in die Wiederherstellung des inneren Gleichgewichtes, wachsen langsamer, sind häufig anfälliger für Krankheiten oder zeigen ein verändertes Verhalten (Aggression). Über einen längeren Zeitraum kann dies im Extremfall sogar zum Tod führen.

Auswirkungen von Stress können auch die Produktqualität beeinträchtigen. Akuter Stress während Ernte und Schlachtung kann sich bereits auf die physikalischen Eigenschaften des Muskelfleischs (Filet) und die nachfolgende Verarbeitung auswirken: So führt die „fight or flight“ Reaktion zu verstärktem Abbau der Energiereserven, wobei Lactat (Milchsäure; anaerobe Glykolyse) ansteigt. Der Anstieg von Lactat und das Absenken des pH-Werts verändern Geschmack und Haltbarkeit. Das Fleisch ist oft blasser, besitzt eine weichere Textur und ein geringeres Wasserbindungsvermögen als das Fleisch nicht gestresster Tiere (stärkere Austrocknung und Zerfall des Fleisches, „gaping“ beim Garvorgang).

Stress kann die Produktqualität (Filet) mindern.

Ein gutes Stressmanagement zielt also auf Tierwohl und –gesundheit ab (Animal Welfare), erhöht dabei aber auch die Produktqualität und Wirtschaftlichkeit. Die bessere Leistungsfähigkeit erhöht die Resistenz gegen mögliche Krankheiten aber auch das Wachstum. Somit ist Stressmanagement, Tierwohl und Tiergesundheit im Interesse des Verbrauchers, aber auch des nachhaltig wirtschaftenden Fischwirts.

Wie sieht Stressmanagement in der Praxis aus?

Belastungen durch sogenannte Stressoren können in der Aquakultur Stress auslösen. Dies ist in der Regel auf suboptimale, nicht artgerechte Haltung und ein schlechtes Handling zurückzuführen. Hier spielen Besatzdichte, Wasserqualität (z. B. pH-Wert, Sauerstoffgehalt, Ammonium/Ammoniak aus dem Stoffwechsel der Fische, Nitritanreicherung bei suboptimaler Nitrifizierung im Biofilter von Kreislaufanlagen), Haltungsbedingungen (Temperatur, Fütterung) und Handling (z. B. das Keschern, Sortieren oder der Transport von Fischen) eine große Rolle.

Die Auswirkungen sind teilweise alters- und geschlechtsspezifisch und müssen für jede Art ermittelt werden (Einführung neuer Arten, Diversifizierung). Verallgemeinerungen, wie sie bspw. in manchen Gütesiegeln zur Haltungsdichte vorgenommen werden, sind somit wenig zielführend.

Technologisch ist insbesondere die artspezifische Haltungstemperatur eine Herausforderung. Unzureichende Kühlkapazitäten in Kreislaufsystemen führen bspw. in der Zucht kaltwasseradaptierter Arten (z. B. Steinbutt oder Salmoniden, wie Lachse und Forellen) häufig zu chronischem Stress. Dies illustriert wie wichtig die Planungsphase einer Fischzucht für die nachhaltige Produktion sein kann.

Eine umfassende Kenntnis zu den artspezifischen Anforderungen kann dabei substantiell zu einer besseren, (Stress-)optimierten Haltung beitragen. So werden beim Heilbutt (Hippoglossus hippoglossus) Plattformen im Gehege installiert, auf denen die bodenorientierten Tiere ruhen können. Dies trägt bei dieser geselligen Fischart dazu bei, sozialen Stress zu minimieren. Der Europäische Aal (Anguilla anguilla) hingegen zieht sich gerne in Höhlen oder Unterstände zurück. Zur Stressreduktion werden daher häufig Röhren als Rückzug angeboten.

Fischarten, wie z. B. der Zander (Sander lucioperca) oder Afrikanische Raubwelse (Clarias gariepinus) fühlen sich in Gruppen oder im Schwarm wohl. Sie können daher auch in größeren Besatzdichten (50 – 80 kg/m³) gehalten werden. Dabei wirkt sich eine dem natürlichen Lebensraum eher entsprechende, geringe Beleuchtung positiv aus (besonders beim Zander). Bei geringeren Besatzdichten treten dagegen innerartliche Aggressionen (sozialer Stress) auf (besonders beim Afrikanischen Raubwels, aber auch bei Forellen).

Wie kann man Stress messen?

Stressreaktionen verlaufen sukzessiv über primäre, sekundäre und tertiäre Stressantwort. Die beteiligten Hormone (Katecholamine, Cortisol), Metabolite (Lactat, Glucose) oder auch ein verändertes Schwimmverhalten können dabei erfasst werden, um eine Belastung bzw. Stress frühzeitig zu erkennen. So werden Zuchtlachse rund um die Uhr per Video überwacht. Veränderte Verhaltensmuster werden durch das Personal, aber auch durch automatisierte Verfahren erkannt. So kann auf unvorhersehbare, umweltbedingte Belastung (z. B. Trübung oder veränderte Wassertemperatur) reagiert werden. Eine reduzierte Fütterung stellt hier eine schnelle Gegenmaßnahme dar, die dazu beiträgt die Belastung bzw. den Stress kurzfristig zu verringern. Dies beruht darauf, dass die physiologische Beanspruchung durch Verdauung minimiert wird.

Bei der Identifizierung artspezifischer Anforderungen an Wasserqualität oder Futter werden sowohl Hormone wie Cortisol, aber auch Metabolite wie Lactat oder gewebespezifische Veränderungen (bspw. der Leber oder des Darms) herangezogen, um negative Auswirkungen zu erkennen und eine optimale Haltung zu sichern. Dies ermöglicht die Empfehlung von artspezifischen Richtwerten zu Wasserparametern oder aber zum optimalen Futter (bspw. bei der Verwendung alternativer Pflanzenzutaten). Grundsätzlich wird dabei immer ein Vergleich zu Fischen gezogen, die als ideal gehalten angesehen werden (Kontrolle).

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