Die Weißfuß-Garnele (Litopenaeus vannamei, auch White Tiger Garnele genannt) ist das wichtigste Krebstier in der Aquakultur.

Weißfuß-Garnele

Litopenaeus vannamei

Heute werden bereits ungefähr 5,8 Mio. t Weißfuß-Garnelen (Litopenaeus vannamei, auch White Tiger Garnele genannt) erzeugt. Foto: Pixabay

Die Weißfuß-Garnele (Litopenaeus vannamei, auch White Tiger Garnele genannt) ist das wichtigste Krebstier in der Aquakultur. Sie ist eine tropische Meerwasser Garnele und wird vorwiegend in Asien erzeugt. Alle Garnelen (auch Shrimps genannt) zählen zu der sehr artenreichen Gruppe der Zehnfußkrebse (Decapoda). Diese Gruppe lässt sich wiederum in die Kaltwassergarnelen (400 Arten) und die Warmwassergarnelen (1600 Arten) unterteilen. Für die Aquakultur sind nur die Warmwasserarten relevant, da sie weitaus schneller wachsen als ihre Artgenossen aus dem Kaltwasser, darunter Penaeus monodon (Schwarze Tigergarnele) und die Weißfuß-Garnele.

Short profile

Hauptproduktionsländer
Größe
bis 23 cm
Herkunft
Östlicher Pazifik
Nahrung
Wirbellose, Detritus, Algen und Phytoplankton
Jahresproduktion
5.812.180 t (FAO 2022)
Biologie

Warmwassergarnelen gehen zumeist in der Dämmerung und während der Nacht auf Futtersuche. Die Ernährung erfolgt entweder karnivor (Fleischfresser) oder omnivor (Allesfresser). Je nach Garnelenart sind dabei Ringelwürmer (Polychaeten), Muscheln (Bivalvia), Krebstiere (Crustaceen), Schlangensterne (Ophiuroidea), Detritus (abgestorbenes, organisches Material), Phytoplankton und Algen typische Nahrungsbestandteile. Die Weißfuß-Garnele ernährt sich überwiegend von Detritus und Wirbellosen (Würmer, kleine Krebstiere und Muscheln). Dabeiändert sich das Nahrungsspektrum während der Entwicklung zum adulten (erwachsenen) Tier.

Die Weißfuß-Garnele benötigt zwischen 5 bis 6 Monaten, um die Geschlechtsreife zu erreichen. Die Reproduktion findet kurz nach einer Häutung, zumeist in den Nachstunden, statt. Für die Befruchtung der Eier überträgt das Männchen ein Samenpaket (Spermatophore) in den Samenbehälter des Weibchens (Thelycum). Abhängig von der Wassertemperatur schlüpfen dann nach ca. 12 – 18 h die Larven. Während der Individualentwicklung durchlaufen Larven verschiedene Entwicklungsstadien (Nauplius → Zoea → Mysis→Postlarve), bis sie sich zur Adultform häuten, die die eigentliche Garnelenform aufweist.

Aquakultur

Zurzeit werden Garnelen weltweit in vielen Ländern produziert. Fast alle Hauptproduzenten sind im asiatischen Raum zu finden, darunter China, Indonesien, Vietnam, Indien und Thailand (FAO 2022). Alleine diese fünf Länder haben 2020 über 4,4 Mio. t des weltweiten Produktionsvolumens an Weißfuß-Garnelen erzeugt (insg. über 5,8 Mio. t; FIGIS FAO 2022). Weitere wichtige Produktionsländer sind Ecuador (760.879 t) und Mexiko (188.781 t).

Wurden 1991 weltweit noch ca. 1.000.000 t Garnelen aus der Aquakultur vermarktet, so waren es 2020 schon weit mehr als 6 Mio. t - Tendenz weiter steigend (FAO 2022). Während in den 1990er-Jahren meist P. monodon in Aquakulturen erzeugt wurde, hat sich dieses mittlerweile zugunsten von L. vannamei verschoben, da für diese mittlerweile durch selektive Züchtung krankheitsresistente Linien bereitstehen, die ganzjährig von Aquakulturen bezogen werden können.

Die Aquakultur von Garnelen erfolgt nahezu ausschließlich in extensiv, semi-intensiv oder intensiv bewirtschafteten Teichanlagen. Die Produktion von Garnelen in intensiven Kreislaufanlagen ist derzeit noch ein Nischenmarkt, auch wenn vermehrt entsprechende Unternehmungen auch in Deutschland zu verzeichnen sind. Die verschiedenen Bewirtschaftungsarten definieren sich dabei u. a. über die Besatzdichten, das Fütterungsmanagement und die täglichen Wasseraustauschraten.
Teichproduktion

Je nach Aufzuchtverfahren variieren nicht nur die Produktionsmengen, sondern auch der Arbeitsaufwand und die mögliche Emission von Nährstoffen aus dem jeweiligen System in die Umwelt.

Teiche

Die Aquakultur von Garnelen in Teichen findet in sehr unterschiedlichen Variationen statt. Die Übergänge des Technisierungs- und Intensitätsgrades sind fließend (extensiv, semi-extensiv bzw. -intensiv bis intensiv).

Extensiv bewirtschaftete Teiche, die während des gesamten Produktionsprozesses ohne Fütterung auskommen, sind zumeist im küstennahen Bereich zu finden, wo sie dem Tidenhub ausgesetzt sind. Gegenüber dem Meer sind die Teiche (bis 50 ha) dabei oft durch Tore oder Gitter abgegrenzt, so dass die Möglichkeit besteht, diese zu fluten bzw. mit Frischwasser zu versorgen (was durchschnittlich einmal im Monat erfolgt). Die Individuenzahlen pro m² sind sehr gering und liegen selten über 2. Häufig werden die Junggarnelen mit der ansteigenden Flut eingeschwemmt. Alternativ werden die Teiche aktiv mit Garnelenlarven besetzt. Als Futter dient den Garnelen in den Teichen kultiviertes Phytoplankton (eine Düngung durch den Eintrag organischen Materials ist förderlich, aber nicht zwingend notwendig). Die Ertragszahlen sind mit jährlich bis zu 500 kg pro ha sehr gering.

Semi-extensive bzw. semi-intensive Produktionsformen bilden in verschiedenen, fließenden Abstufungen die Brücke zur intensiven Garnelen-Aquakultur. Die dabei verwendeten Teichanlagen sind 1-20 ha groß, meist 3-5 ha und werden aktiv mit Garnelenlarven in höherer Stückzahl (bis zu 20/m²) besetzt (im Vergleich zu rein extensiv bewirtschafteten Anlagen). Die Phytoplanktonproduktion wird ergänzend durch organischen oder künstlichen Dünger gesteigert. Dieser wird meist vor dem Besatz eingebracht. Die Garnelen ernähren sich zunächst von der vorhandenen Nahrung und werden zusätzlich mit speziell abgestimmtem Garnelenfutter mehrfach täglich versorgt werden (semi-extensive bzw. semi-intensive Produktion). Die natürliche Nahrung ist ein wertvoller Zusatz. Wie lange die natürliche Nahrung vorhält ist von der Düngung und verschiedenen Umweltparametern abhängig. Die Wasseraustauschrate liegt oft bei 5-20 % und die Teiche werden konstant oder nach Bedarf belüftet. Die Futterverwertung (engl. feed conversion ratio FCR) bei Verwendung pelletierter Futtermittel liegt in diesen Systemen meist bei 1,5-1,8. Durch diesen Mehraufwand können bei zwei bis drei Produktionszyklen pro Jahr Erträge von 1.000 bis 5.000 kg/ha/Jahr erwirtschaftet werden.

Semi-intensive Aquakultur in Ecuador

Die intensive Aquakultur von Garnelen findet meist in kleinen Teichen < 1 ha statt bei einem Besatz von 30-50 bis zu 300 Tieren pro m². Es werden bis zu 4 Produktionszyklen pro Jahr erreicht (Besatz bis Ernte bei ca. 18 g Körpergewicht). Teilweise haben die Teiche einen Boden aus Beton mit Abfluss und sind mit Folien ausgekleidet und überdacht. Es finden regelmäßig komplette Wasserwechsel statt und der Schlamm wird ausgespült. Der Ertrag liegt bei ca. 15.000 kg/ha/Jahr oder sogar darüber.

Intensive Farm in Peru

Betonbecken und –rinnen, Kreislaufanlagen

Durch intensive Aufzuchtsverfahren lassen sich Ertragszahlen von bis zu 15.000 kg/ha/Jahr erzielen. Die Aufzucht der Garnelen findet häufig in Betonbecken oder -rinnen mit hohen Besatzdichten (bis zu 70 Larven/m²) statt, selten in Kreislaufanlagen. Die Verwendung von Becken hat den Vorteil, dass diese nach der Ernte komplett abgelassen, gereinigt und desinfiziert werden können. Die Becken müssen während der Produktionsphase aktiv belüftet werden. Eine gleichbleibend gute Wasserqualität wird erreicht, indem das komplette Beckenvolumen mehrfach täglich gefiltert bzw. ausgetauscht (Durchflussanlagen) wird. Durch die mehrmalige Fütterung der Tiere mit kommerziellem Pelletfutter werden hohe Zuwachsraten bei relativ geringem Futtereinsatz erreicht (Futterverwertung, engl. feed conversion ratio FCR = 1 - 1,2).

Der Bedarf an Wasser, Futter und Personal ist bei intensiven Produktionsformen sehr hoch (auch intensive Teichwirtschaften). Diese Aufzuchtverfahren sind aufgrund der eingesetzten hohen Individuenzahlen vergleichsweise anfällig gegenüber Störungen, z. B. Krankheiten (Weißpünktchenkrankheit WSS) oder schwankenden Wasserparametern. Innerartliche Aggressionen können zu erhöhter Verletzung, Kannibalismus und Stress führen. Deshalb ist der Personalaufwand für die täglichen Kontrollen um ein Vielfaches höher als bei weniger intensiven Formen der Garnelenaufzucht.

Vermehrung

Die Postlarven für den Besatz der Abwachssysteme stammen aus spezialisierten Aufzuchtbetrieben (sog. Hatcheries, engl. hatching - Schlupf). Die Elterntiere werden in Zuchtbetrieben erzeugt oder es handelt sich um Wildfänge (seltener). Die Elterntiere werden in Salzwasser in geringen Dichten in Becken gehalten und unter kontrollierten Lichtbedingungen und mit hochwertigem Futter auf die Vermehrung vorbereitet (Reifungsbecken). Anschließend werden sie in Ablaichbecken überführt (1 Männchen auf 2-3 Weibchen). Dort findet die Eiablage und Befruchtung statt.

Da die Garnelen unter diesen Bedingungen selten natürlich ablaichen, ist es gängige Praxis einen Augenstiel der Tiere zu entfernen (sog. Eyestalkablation, engl. Ablation des Augenstiels). Dies verursacht eine Reaktion, welche die volle Reife nach wenigen Tagen herbeiführt. Nach diesem Prozess laichen die Weibchen meist mehrfach binnen weniger Wochen ab und werden nach 3-5 Monaten ausgetauscht. Die zugrunde liegenden Mechanismen der Eyestalkablation sind noch nicht voll erforscht. In der EU ist diese Praxis nicht zulässig. Die Praxis der Augenstiel-Entfernung wird unter Tierschutz-Aspekten kritisch gesehen. An vielen Standorten wird daher an alternativen Protokollen zur kontrollierten Vermehrung geforscht. Verfügbare Ergebnisse zeigen, dass auch ohne diese Praxis gute Vermehrungsergebnisse erzielt werden können.

Die befruchteten Eier werden abgschöpft und desinfiziert. Nach wenigen Stunden schlüpfen die Nauplien. Die geschlüpften Nauplien werden dann mit Hilfe von Licht (Punktquelle in absoluter Dunkelheit) “geleitet” und abgeschöpft. Nachdem die Brut verschiedene Stadien durchlaufen haben, werden die Postlarven an die Abwachsbetriebe verteilt.

Produktangebot

Das Produktangebot von Garnelen orientiert sich vornehmlich an dem Verarbeitungsgrad:

1. Ganzes Tier im Panzer (sogenannte head-on, shell-on).

2. Der Garnelenschwanz im Panzer (headless, shell-on)

3. Der Garnelenschwanz ohne Panzer, roh (raw peeled)

4. Der Garnelenschwanz ohne Panzer, gekocht (cooked, peeled)

Da frische Garnelen sehr verderblich sind, werden sie fast ausschließlich als Frostware in einer der nachfolgenden Abpackungen angeboten:

1. Individual Quick Frozen (IQF) – Garnelen werden separat eingefroren und sind somit auch einzeln entnehmbar.
2. Semi-IQF – Garnelen liegen nebeneinander angeordnet und sind durch eine Eisschicht verbunden, können aber in Portionen abgebrochen werden.
3. Blockfrostung – Garnelen sind in einem Block zusammengefroren, welcher vor der Zubereitung vollständig geschmolzen werden muss.

Zertifizierung

Wie für andere Aquakulturprodukte (z. B. Pangasius, Lachs, Tilapia), so existieren auch für Garnelen zahlreiche Zertifizierungen. Grundsätzlich werden diese in Bio-zertifizierte und Nicht-Bio-zertifizierte Garnelen aus Aquakultur unterteilt. Zu den für den europäischen Markt besonders relevanten Bio-Labeln zählen u. a. das Deutsche (EU) Bio-Siegel und das Naturland-Aquakultur-Label. Als wichtigstes Nicht-Bio-Label gilt nach wie vor das von GLOBALG.A.P. Allen Labels ist gemeinsam, dass sie nicht nur Anforderungen an das Tierwohl und die Lebensmittelsicherheit stellen, sondern auch weitere Faktoren, wie z. B. den Umwelt- und den Arbeitsschutz, berücksichtigen (siehe Zertifizierung in der Aquakultur).

Nachgehakt

Sind Garnelen häufig mit Antibiotika oder anderen Chemikalien belastet?

Aufgrund der Skandale im vergangenen Jahrzehnt wurden die Importkontrollen generell und für bestimmte Länder oder Produzenten massiv verstärkt. Diese zielgerichteten Kontrollen haben bewirkt, dass der Grad der Beanstandungen stark rückläufig ist, mitunter auch dadurch, dass beanstandete Importe nicht zurückgesandt, sondern meist direkt vernichtet werden. Ebenso haben die Einführung krankheitsresistenter Zuchtlinien und die Verwendung von Probiotika zu einer generellen Verringerung des Antibiotikaeinsatzes in der Aquakultur von Garnelen geführt.

Sind durch die Anlage von Teichen für die Garnelenzucht die Mangrovenbestände bedroht?

Lesen Sie hierzu mehr im Artikel Mangroven auf Aquakulturinfo.

Wird durch den Fang von Elterntieren der Artbestand beeinträchtigt?

Der vermehrte Einsatz von Zuchtlinien hat nicht nur den positiven Effekt, dass u. a. die Krankheitsanfälligkeit reduziert werden konnte, sondern auch einen Rückgang bei der Nutzung wildgefangener Elterntiere zur Folge. Dort, wo noch natürliches Besatzmaterial eingesetzt wird, kann der Fang potentieller Elterntiere sich lokal auf die wildlebenden Populationen auswirken, insbesondere dort, wo sehr viele Farmen dicht zusammenliegen und der Bedarf an Zuchttieren entsprechend hoch ist. Dies ist besonders problematisch, da in natürlichen Populationen meist nur geringe Stückzahlen geeigneter Elterntiere vorhanden sind. Erfreulicherweise geht aber der Einsatz von „wilden" Elterntieren immer weiter zurück, da die erzielten Produktionsausbeuten durch domestizierte Garnelen weitaus besser sind.

Literatur & Links

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Klinkhard, M., 2006. Garnelen. 2006, Fachpresse Verlag

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Produktionsstatistiken: Food and Agriculture Organisation of the United Nations (FAO); FIGIS (online database for aquaculture production; http://www.fao.org/fishery/statistics/global-aquaculture-production/query/en)

 

[Stand 09/2020]

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