Auf einen Blick: Endosulfan
Endosulfan ist ein effektives und preisgünstiges neurotoxisches Insektizid und Akarizid. In der EU und vielen weiteren Ländern ist der Einsatz von Endosulfan verboten. Durch die Substitution (Ersatz) im Fischfutter von Fischmehl durch pflanzliche Inhaltsstoffe, können in Pflanzen verbliebene Pestizidrückstände ins Fischfutter und damit in den Fisch gelangen. Eine potentielle Gefährdung durch Anreicherung von Endosulfan in Fischprodukten ist als gering einzustufen.
Detaillierte Informationen finden Sie im Hauptartikel.
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Endosulfan wurde in den 1950er-Jahren entwickelt und in den folgenden Jahrzehnten weltweit als effektives und preisgünstiges Insektizid und Akarizid in der Land- und Forstwirtschaft sowie zur Bekämpfung krankheitsübertragender Insekten wie der Tsetse-Fliege (Schlafkrankheit – Trypanosomiasis) und als Holzschutzmittel eingesetzt.
Die genaue Bezeichnung für Endosulfan gemäß der Nomenklatur lautet:
6,7,8,9,10,10-Hexachlor-1,5,5a,6,9,9a-hexahydro-6,9-methano-2,4,3-benzo-dioxathiepin-3-oxid
Es trägt die CAS-Nummer 115-29-7.
Das als Pestizid eingesetzte Produkt besteht aus den Diastereomeren α- und β-Endosulfan im Verhältnis von 64:36. Es besitzt eine hohe akute Toxizität gegenüber Wirbeltieren und kann als endokriner Disruptor das Hormonsystem (z. B. Steroidogenese) beeinträchtigen und beispielsweise die Reproduktion beeinflussen. Endosulfan ist, wie alle anderen Chlorpestizide auch, chemisch ausgesprochen stabil und wird daher in der Umwelt nur sehr langsam abgebaut.
Seine hohe Persistenz, eine Tendenz zur Bioakkumulation und die damit einhergehende Gefährdung für Mensch und Umwelt haben dazu geführt, dass der Einsatz von Endosulfan mittlerweile in über 80 Ländern verboten ist. In Deutschland wurde Endosulfan bereits 1991 die Zulassung entzogen (in den neuen Bundesländern 1994). EU-weit wurde der Einsatz von Endosulfan erst 2005 verboten. Im April 2011 wurde Endosulfan schließlich in die POP-Liste (POP = Persistente organische Schadstoffe) der Stockholm-Konvention aufgenommen und damit ein weltweites Herstellungs- und Anwendungsverbot verhängt. Allerdings tritt dieser Beschluss landesabhängig mit z. T. langjährigen Übergangsfristen (max. 10 Jahre) in Kraft.
Wirkungsweise
Endosulfan ist ein sehr effektives Neurotoxin, das in Insekten die γ-Aminobuttersäure (GABA)-gesteuerten Chloridkanäle blockiert und so die neuronale Erregungsleitung stört.
GABA wird von bestimmten Nervenzellen als Neurotransmitter in den Synapsenspalt ausgeschüttet und bewirkt in der nachgeschalteten Nervenzelle die Öffnung von Chloridkanälen. Die verstärkt in das Zellinnere einströmenden negativ geladenen Chloridionen erniedrigen das bestehende Membranpotential und erhöhen somit den Schwellenwert, der für die Auslösung eines Aktionspotentials nötig ist (Erregungsleitung).
Die Nervenzelle ist folglich schwerer erregbar. Endosulfan unterbindet die regulierende Funktion von GABA, indem es an den GABA-Rezeptor bindet und diesen blockiert. Durch den Wegfall der inhibitorischen Wirkung von GABA wird die Erregungsleitung gestört, was in den betroffenen Insekten zu Dauererregungen der nachgeschalteten Muskel- und Nervenzellen führt. Neben der Blockade der Chloridkanäle werden auch verschiedene ATPasen (NA+/K-, Ca2+, Mg+) in ihrer Funktion beeinträchtigt. Dies führt ebenfalls zu einer Beeinträchtigung elektrophysiologischer Prozesse und zahlreicher metabolischer Prozesse, wie z. B. der osmotischen Regulation oder des Lipidstoffwechsels.
Vorkommen in der Umwelt
Durch seine hohe Persistenz (Bestehenbleiben eines Zustands über längere Zeit) ist Endosulfan nicht nur im Ackerboden und den meisten Gewässern und Meeren nachweisbar, sondern auch in der Luft. Nennenswerte Mengen wurden ebenfalls in Bereichen gefunden, die weitab menschlicher Nutzung liegen, wie z. B. der Arktis. Wenn auch Endosulfan als POP sehr beständig ist, wird es doch im Laufe der Zeit durch biotische (mikrobieller Abbau) und abiotische (z. B. Hydrolyse) Prozesse zumeist in das 10-fach weniger toxische Endosulfansulfat degradiert. Die Geschwindigkeit der Abbauprozesse hängt dabei von einer Vielzahl von Faktoren ab (Temperatur, Sauerstoffgehalt, chemisches Isomer und ob das Endosulfan im Bodengrund gebunden, im Wasserkörper gelöst oder in der Luft vorliegt).
Endosulfan in Produkten aus der Aquakultur
Da in der modernen Aquakultur vermehrt Fischmehl und Fischöl durch pflanzliche Substitutionsstoffe ersetzt werden, können in Pflanzen verbliebene Pestizidrückstände ins Fischfutter und damit in den Fisch gelangen. Besonders die nur noch sehr selten eingesetzten bzw. mittlerweile verbotenen Chlorpestizide, wie DDT, Lindan oder auch Endosulfan, sind sehr persistent und können sich so im Fisch anreichern.
Obwohl Endosulfan 2011 in die Liste der POP aufgenommen wurde (weltweites Herstellungs- und Anwendungsverbot), hat die EU den bis 2013 geltenden Grenzwert für Endosulfan in Salmonidenfutter von 0,005 mg/kg auf 0,05 mg/kg heraufgesetzt. Der geltende Grenzwert für Rückstände im Fisch selbst blieb unangetastet bei maximal 0,1 mg/kg. Da der von der FAO (engl. Food and Agriculture Organisation of the United Nations, Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen) und der WHO (engl. World Health Organisation, Weltgesundheitsorganisation) definierte ADI (engl. Acceptable Daily Intake – beziffert die tägliche Aufnahmemenge von Fremdstoffen in Lebensmitteln, die ein Mensch lebenslänglich pro Tag verzehren kann, ohne gesundheitliche Schäden davonzutragen) 0,006 mg/kg Endosulfan pro Tag beträgt, müsste ein 70 kg schwerer Erwachsener dementsprechend mehr als 4 kg Fisch pro Tag verzehren, der mit 0,1 mg/kg Endosulfan maximal belastet sein müsste, um diesen ADI zu erreichen.
Von 324 zwischen 2006 und 2011 getesteten norwegischen Lachsen aus der Aquakultur z. B. überschritt keiner den Grenzwert von 0,1 mg/kg. Die meisten getesteten Tiere wiesen keinerlei Belastungen auf (Konzentrationen unterhalb der Nachweisgrenze). Die höchste überhaupt gemessene Konzentration in einer Probe lag bei 6 µg/kg α-Endosulfan und damit mehr als 16-fach niedriger als der zulässige Grenzwert (der Mittelwert aller analysierten Proben war mit 0,2 µg/kg 500-mal kleiner als der Grenzwert und damit nahe der Nachweisgrenze).
Erfreulicherweise wurden auch in den im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollplans durchgeführten Analysen (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit – Schnellwarnungen RASFF: Lebensmittelsicherheit/Meldungen gesamt 2006 – 2014) in den letzten Jahren keine Spuren von Endosulfan in Produkten aus der Aquakultur gefunden (EC RASFF Portal). Obst, Gemüse und Gewürze dagegen werden immer noch sporadisch beanstandet.
Eine potentielle Gefährdung des Verbrauchers durch Endosulfan in Fisch und Krebstieren ist daher wohl als sehr gering einzustufen.
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