Umweltauswirkungen der Aquakultur

Klimarelevante Wechselwirkungen, CO2-Fußabdruck, Land- und Wassernutzung, Eutrophierung und Versauerung, Biodiversität

Der CO2-Fußabdruck ist eine wichtige Kenngröße der Umweltauswirkungen, die im Rahmen einer Ökobilanzierung errechnet wird. Grafik: Pixabay

Auf einen Blick: Umweltauswirkungen der Aquakultur

Die Erzeugung von Nahrungsmitteln steht immer in Wechselwirkungen mit der Umwelt, wobei der Umwelt Stoffe und Ressourcen entnommen und diese bzw. andere wieder an sie abgegeben werden. Dies gilt ausnahmslos auch für die Erzeugung von Pflanzen und Tieren in Aquakultur. Die Umweltbilanz (auch Ökobilanz) eines Lebensmittels ist ein geeignetes Mittel, um diese Wechselwirkungen mit der Umwelt zu beziffern und allgemeinverständlich darzustellen. Die Umweltbilanz schließt die wichtigsten Parameter mit ein, wie die eingesetzte Energie und deren Ursprung, die Verpackung, den Transport, das Futter oder den Dünger usw. Eine wichtige Kenngröße, die im Rahmen einer Ökobilanzierung errechnet wird, ist der CO2-Fußabdruck als Summe der durch die Verbrennung fossiler Energieträger und andere Prozesse freigesetzten Treibhausgase in CO2-Äquivalenten (CO2eq).

Es ist äußerst komplex, die Wechselwirkungen eines Produkts umfassend und vergleichbar abzubilden. Es macht bspw. nicht nur einen Unterschied, woraus das Futter eines Fischs besteht oder welches Produktionssystem zum Einsatz gekommen ist, z. B. Kreislaufanlage oder Netzgehege, sondern auch, wo auf der Welt das Produkt verspeist wird und wie es dorthin transportiert wurde. Produkte, die auf dem Teller nahezu identisch sind, können sich je nach den Produktionsbedingungen erheblich in den umweltrelevanten Wechselwirkungen unterscheiden. Dieser Artikel legt einen Fokus auf klimarelevante Treibhausgasemissionen der Aquakultur inkl. Transport (CO2-Fußabdruck) und gibt einen Überblick über die Land- und Wassernutzung, den Nährstoffeintrag, die Versauerung von Böden und Gewässern und den Einfluss auf die Biodiversität.

Von allen Organismengruppen, die in Aquakulturen weltweit angebaut und kultiviert werden, verursachen Makroalgen die geringsten Treibhausgas-Emissionen. Dies liegt vor allem daran, dass Algen für ihr Wachstum CO2 aus dem Wasser aufnehmen und damit sogar CO2-negativ erzeugt werden können. Weichtiere, wie Austern oder Miesmuscheln, verursachen ebenfalls einen sehr geringen CO2-Ausstoß, da für ihre Kultur keine oder nur sehr wenig Ressourcen durch den Menschen aufgewendet werden müssen. Diese Tiere ernähren sich meist von natürlich vorkommender Nahrung, welche ohne weiteren Energiebedarf und ohne Transportaufwand im Meer verfügbar ist. Der Mensch muss hier nicht mehr zufüttern, weswegen diese extensive Form der Tierproduktion an den wichtigsten Stellen Emissionen spart. Die Aquakultur der meisten Fischarten und Krebstiere ist hingegen auf den Einsatz von Futtermitteln angewiesen. Für die Produktion dieser Futtermittel werden große Mengen Energie und Rohstoffe eingesetzt, so dass der CO2-Fußabdruck solcher Lebensmittel zunimmt. Im Vergleich zu anderen tierischen Lebensmitteln haben Fische und Muscheln aus Aquakultur im Durchschnitt eine geringere Emission an Treibhausgasen als z. B. Rinder, Schweine oder Geflügel.

Anmerkung: Angaben und Berechnungsgrundlagen zu umweltrelevanten Wechselwirkungen können variieren. In diesem Artikel sind Ergebnisse aktueller Studien und Datenbanken aufgeführt. Fallbeispiele für einzelne Produktionsprozesse finden Sie am Ende des Textes.

Was versteht man unter den Umweltauswirkungen bzw. der Umweltbilanz?

Die Erzeugung und der Transport eines Produkts stehen immer in Wechselwirkungen mit der Umwelt. Betrachtet man das Beispiel eines Fischs in Aquakultur, kann man erahnen, wie vielschichtig diese Wechselwirkungen sein können. Der Fisch benötigt Nahrung, welche aus zahlreichen Komponenten bestehen kann, wie pflanzlichen Bestandteilen, Fischmehl oder Fischöl. Die Erzeugung des Futters kostet Energie, beim Transport oder Fang der Futterfische können fossile Brennstoffe genutzt werden, Düngemittel werden beim Anbau von Pflanzen eingesetzt usw. Der Fisch in Aquakultur setzt wiederum Stoffwechselprodukte frei, muss geschlachtet, verarbeitet, verpackt und wiederum transportiert werden. Am Ende bleibt eine gewisse Menge Abfall übrig. Auch die Entsorgung oder das Recycling dieser Reststoffe ist umweltrelevant. Jeder dieser Teilschritte hat Auswirkungen auf die Umwelt, v. a. durch die Freisetzung von Treibhausgasen, aber auch durch Einfluss auf die Artenvielfalt (Biodiversität), Nährstoffeintrag (Eutrophierung), Versauerung, Land- und Wassernutzung usw. Zusammengenommen spricht man von den Umweltauswirkungen des erzeugten Lebensmittels.

Die Umweltbilanz, auch Ökobilanz, eines Produkts kann in der sog. Lebenszyklusanalyse berechnet werden (engl. life cycle assessment, LCA). Darunter versteht man die systematische Darstellung sämtlicher umweltrelevanter Wechselwirkungen eines Produkts, einer Dienstleistung usw. Neben dem CO2-Fußabdruck, gehören u. a. auch das Versauerungs- und das Eutrophierungspotenzial (Nährstoffeintrag) zur Ökobilanz. Ändert man einen Parameter in der Produktion, bspw. die Energiequelle für die Beheizung eines Fischbeckens, ändert sich auch die Umweltbilanz. Die ISO-Standards 14040:2006 und 14044:2006 regeln international die Durchführung von Umwelt- bzw. Ökobilanzen. Durch Umweltbilanzen lassen sich verschiedene Prozesse vergleichen und kritische Aspekte für eine Optimierung identifizieren.

Wechselwirkungen

Freisetzung von Treibhausgasen

Die Freisetzung (Emission) von Treibhausgasen ist ein wesentlicher klimarelevanter Aspekt der Umweltauswirkungen. Zu den Treibhausgasen gehören Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Lachgas (N2O) sowie F-Gase (fluorierte Treibhausgase: wasserstoffhaltige Fluorkohlenwasserstoffe, HFKW; perfluorierte Kohlenwasserstoffe, FKW; Schwefelhexafluorid, SF6; Stickstofftrifluorid, NF3). Kohlendioxid entsteht u. a. bei der Verbrennung fossiler Energieträger, wie Kohle, Erdöl und Erdgas. Methan entsteht beim Abbau organischen Materials unter Luftausschluss, v. a. in der Land- und Forstwirtschaft, aber auch in der Wasser- und Abfallaufbereitung. Lachgas entsteht v. a. in der Landwirtschaft und bei industriellen und chemischen Prozessen. Die F-Gase kommen nicht natürlich vor. Wie auch Methan und Lachgas, sind F-Gase um ein Vielfaches wirksamer als Kohlendioxid. Bezogen auf die Mengen haben diese Gase daher einen überproportionalen Anteil am anthropogenen (menschengemachten) Treibhauseffekt.

Diese Gase beeinflussen als Bestandteile der Erdatmosphäre den klimarelevanten Treibhauseffekt. Vereinfacht gesagt verringern sie einseitig die Durchlässigkeit der Erdatmosphäre gegenüber Wärmestrahlung. Die (kurzwellige) Sonnenstrahlung kommt hindurch, die (langwellige) Wärmestrahlung von der Erdoberfläche und der aufgewärmten Luft entweicht jedoch nur in geringerem Umfang. Als Effekt steigt die Oberflächentemperatur der Erde an. Treibhausgase haben also einen wesentlichen Einfluss auf den Klimawandel (Klimakrise). Laut Umweltbundesamt (UBA) setzten sich die Treibhausgasemissionen im Jahr 2020 in Deutschland wie folgt zusammen: ca. 87,1 % Kohlendioxid, 6,5 % Methan, 4,6 % Lachgas und rund 1,7 % F-Gase. Durch die Normierung der Gase miteinander wird die Treibhausgasemission meist zusammengenommen in CO2-Äquivalenten (CO2eq) angegeben.

Der CO2-Fußabdruck (engl. carbon footprint) ist die Menge freigesetzter CO2eq und ist ein wesentlicher Faktor der gesamten Umweltbilanz eines (Produktions-)Prozesses, z. B. der Erzeugung eines küchenfertigen Fischfilets oder einer Garnele. Ungefähr 25 bis 30 % der globalen Treibhausgasemissionen stammen aus der Nahrungsmittelproduktion (ca. 8,5 – 14 Milliarden t CO2eq). Allein in Deutschland betrug die Emission an CO2eq in der Landwirtschaft im Jahr 2021 ca. 61 Mio. t. Das entspricht über 700 kg pro EinwohnerIn. Schätzungen für den CO2-Fußabdruck der Aquakultur ergaben für das Jahr 2018 weltweit insgesamt 261 Mio. t CO2eq.

Sehr allgemein kann man sagen, dass pro Erzeugung einer bestimmten Menge Lebensmittel in Aquakultur Algen am wenigstens Treibhausgase freisetzen, gefolgt von Muscheln, Fischen und dann Garnelen. Die Erzeugung von z. B. Algen kann sogar als CO2-Senke fungieren, wenn mehr Kohlendioxid in der Produktion gebunden als freigesetzt wird. Im Vergleich zu anderen tierischen Lebensmitteln haben Muscheln und Fische aus Aquakultur im Durchschnitt eine geringere Emission an Treibhausgasen als z. B. Rinder, Schweine, Geflügel oder auch Garnelen. Dies liegt v. a. an der vergleichsweise geringen Emission von Methan und der besseren Futterverwertung. Dabei existiert in der Aquakultur, wie auch in anderen Zweigen der Landwirtschaft, eine große Bandbreite und diese allgemeine Einordung gilt nicht für jeden Einzelfall (siehe Abbildung und Fallbeispiele am Textende). Für Fisch aus Aquakultur gibt es bspw. Schätzungen von 3,271 bis zu 44,4 kg CO2eq pro kg in Abhängigkeit vom Transport (s. u.) und von anderen Faktoren. Besonders der Einsatz von Futtermitteln und deren Produktion hat einen entscheidenden Anteil am CO2-Fußabdruck. Entsprechend kann sich die Biologie der erzeugten Art, z. B. die Ernährungsgewohnheit von Raubfischen im Gegensatz zu der von Friedfischen, auf die Bilanz des Produkts niederschlagen.

Neben dem CO2-Fußabdruck pro kg wird häufig auch die Treibhausgasemission pro Menge Protein oder pro Kalorie als wesentlicher Faktor für die menschliche Ernährung angegeben. Diese Werte unterscheiden sich entsprechend in Abhängigkeit vom Protein- oder Energiegehalt des Produkts, welche bei Erzeugnissen aus Aquakultur oft relativ hoch sind.

Treibhausgasemissionen von Lebensmitteln

Abbildung (Englisch): Treibhausgasemission (kg CO2eq pro kg Nahrungsmittel) für ausgewählte tierische Lebensmittel (v. o. n. u.): Rinder (Fleischvieh), Lämmer und Hammel, Käse, Rinder (Milchvieh), Garnelen (Aquakultur), Schweinefleisch, Geflügelfleisch, Fisch (Aquakultur), Eier, Milch. Aufteilung der Emissionen je nach (v. l. n. r.): Landnutzung, Farmprozesse, Futter, Verarbeitung, Transport, Handel & Verkauf, Verpackung. Quelle: Hannah Ritchie and Max Roser (2020) - Environmental Impacts of Food Production. Online: OurWorldInData.org.

CO2-Fußabdrücke von Lebensmitteln

Abbildung (Englisch): Bandbreite und Mittelwerte der Treibhausgasemission (kg CO2eq pro 100 g Protein) für ausgewählte proteinreiche Lebensmittel (v. o. n. u.): Rindfleisch, Lamm, Garnelen (Aquakultur), Käse, Schweinefleisch, Huhn, Eier, Fisch (Aquakultur), Tofu, Bohnen, Erbsen, Nüsse und abschließend die Summe. Quelle: Hannah Ritchie and Max Roser (2020) - Environmental Impacts of Food Production. Online: OurWorldInData.org.

Transport

Der Transportweg (zurückgelegte Strecke und Transportmittel) hat einen großen Einfluss auf die Umweltbilanz eines Produkts. Die beim Transport – meist durch die Nutzung fossiler Brennstoffe – freigesetzten kg CO2-Äquivalente unterscheiden sich zwischen den verschiedenen Transportmöglichkeiten, wie Schiff, Bahn, Lastverkehr auf der Straße und Flugzeug, um mehr als den Faktor 100 (ungekühlt). Die Notwendigkeit der Kühlung kann die Umweltkosten weiter erhöhen. Ungekühlt werden pro Tonne Fracht und Kilometer Strecke im Vergleich zum Transport per Schiff (See und Binnengewässer) etwa doppelt so viele kg CO2-Äquivalente bei Nutzung der Bahn freigesetzt, der Transport auf der Straße wiederum verursacht viermal so viele Treibhausgasemissionen und das Flugzeug sogar über das Hundertfache. Gekühlt verschieben sich diese Verhältnisse.

Ein Fallbeispiel zum Atlantischen Lachs verdeutlicht den Einfluss des Transports: Ein Lachs aus einer Kreislaufanlage in den USA generiert einen CO2-Fußabdruck (kg CO2eq pro kg) von 7,01, im Vergleich dazu kommt ein Lachs aus Netzgehege-Aquakultur in Norwegen auf 3,39. Beim Verzehr dieser Produkte in Nordamerika, unter Berücksichtigung von Luftfracht und der Kühlkette, ändert sich der CO2-Fußabdruck der Produkte zu 7,41 verglichen mit 15,22. Fische und Meeresfrüchte gehören mit zu den am meisten und weitesten gehandelten Produktgruppen und legen oft große Entfernungen zurück. Von den Top 5 der Fischmarktfavoriten in Deutschland 2020 – Lachs, Thunfische und Boniten, Alaska-Seelachs, Hering und Garnelen –, stammen lediglich ein Teil der Heringe und Garnelen aus Anlandungen oder Aquakultur in Deutschland. Die Top 3 werden – zum Großteil (tief)gekühlt – importiert. Hingegen ist der Anteil des Transports bei der Bilanz regional erzeugter Fischprodukte sehr gering.

Transport

Landnutzung

Die Erdoberfläche ist zum Großteil von Meeren und Ozeanen bedeckt (ca. 71 %). Süßwasser macht nur einen Bruchteil (ca. 1 %) der Fläche aus und wird dem Land als Teil der festen Erdoberfläche zugerechnet. Von der verfügbaren Landfläche gelten wiederum knapp 30 % als nicht bewohnbar. Vom restlichen Land werden bereits ca. 40–50 % der Fläche landwirtschaftlich genutzt. Landnutzung steht in einem Zusammenhang mit der Verfügbarkeit von Lebensräumen (Habitaten) und der Artenvielfalt (Biodiversität). Nutzfläche ist also eine beschränkte Ressource und die Größe der Fläche, die für die Erzeugung einer bestimmten Menge eines Nahrungsmittels benötigt wird, ist ein wichtiger Faktor der Umweltauswirkungen.

Auch wenn es sich um aquatische Organismen handelt, benötigt die Erzeugung von Lebensmitteln in der Aquakultur Land. Dies können bspw. Lagerflächen, Standorte für Kreislaufanlagen, Dämme und Kanäle sein. Die Emission von Treibhausgasen durch die Landnutzung, z. B. Rodung von Mangroven, kann dem CO2-Fußabdruck eines Erzeugnisses zugerechnet werden (s. Abb. o.). Durch die Intensivierung der Aquakultur wird zwar auf weniger Fläche eine größere Menge erzeugt, jedoch benötigt die intensive Aquakultur im Vergleich zur extensiven Erzeugung zugeführtes Futter. Die Produktion der Futtermittel, v. a. der pflanzlichen Komponenten, nutzt Landflächen. Besonders wenig Land wird also bei der extensiven Aquakultur ohne Fütterung und bei der Erzeugung von Makroalgen im Meer benötigt. Insgesamt wird für die Erzeugung eines kg Lebensmittel oder auch von Protein in Aquakultur im Vergleich zu anderen Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs weniger Land benötigt.

Der Indikator Landnutzung ist jedoch auch mit Vorsicht zu betrachten. Nicht jede Form der Landnutzung hat negative bzw. die gleichen Auswirkungen auf die Umwelt oder bedeutet den Verlust von Vielfalt (s. u.) und Widerstandsfähigkeit des Lebensraums. Dies lässt sich an den folgenden Fallbeispielen verdeutlichen. Teilweise sind die vom Menschen geschaffenen Kulturlandschaften seit Jahrhunderten in Nutzung. Der Anbau von Futterpflanzen auf solchen langfristig kultivierten und extensiv bewirtschafteten Nutzflächen hat eine andere Qualität als bspw. die Brandrodung von Regenwald und die rasche Auslaugung der Böden durch Monokulturen und Erosion. Es ist hierbei festzustellen, dass langfristig ausgelegte Formen der Aquakultur, wie sie beispielsweise die traditionelle Karpfenteichwirtschaft in Mitteleuropa darstellt, einen wichtigen Beitrag zum Erhalt von ökologisch wertvollen Kulturflächen leisten können. Das geht so weit, dass Teichwirtschaftsgebiete regelmäßig den ökologischen Zustand von Naturschutzgebieten erlangen können, weil sie durch die extensive Bewirtschaftung viel Raum für seltene Tier- und Pflanzenarten bieten. Im Gegensatz dazu stehen bestimmte Formen der Aquakultur, die schwere Schäden an Böden verursachen. Hierbei sind bspw. solche Aquakulturen zu nennen, die im küstennahen Inland auf ehemaligen bzw. eigens hierfür abgeholzten Mangrovenflächen angesiedelt werden (siehe Artikel Mangroven).

Landnutzung pro kg Lebensmittel

Abbildung (Englisch): Landnutzung (m2) für ausgewählte tierische Lebensmittel pro kg (v. o. n. u.): Lämmer und Hammel, Rinder (Fleischvieh), Käse, Rinder (Milchvieh), Schweinefleisch, Geflügelfleisch, Milch, Fisch (Aquakultur), Eier, Garnelen (Aquakultur). Quelle: Hannah Ritchie and Max Roser (2020) - Environmental Impacts of Food Production. Online: OurWorldInData.org.

Landnutzung pro 100 g Protein

Abbildung (Englisch): Landnutzung (m2) für ausgewählte tierische Lebensmittel pro 100 g Protein (v. o. n. u.): Lämmer und Hammel, Rinder (Fleischvieh), Käse, Milch, Rinder (Milchvieh), Schweinefleisch, Geflügelfleisch, Eier, Fisch (Aquakultur), Garnelen (Aquakultur). Quelle: Hannah Ritchie and Max Roser (2020) - Environmental Impacts of Food Production. Online: OurWorldInData.org.

Wassernutzung

Das Volumen an Süßwasser, welches bei der Erzeugung eines Produkts genutzt wird, ist ebenfalls ein entscheidendes Kriterium der ökologischen Nachhaltigkeit und wird als Wasser-Fußabdruck ausgedrückt (engl. water footprint). Meist werden hierbei verschiedene Wassertypen berücksichtigt, das sog. grüne, das blaue und das graue Wasser. Unter grünem Wasser versteht man den im Boden gebundenen Niederschlag, den bspw. Pflanzen zum Wachsen verwenden. Das blaue Wasser beschreibt sämtliches vom Menschen zugefügtes Wasser, welches vorab dem Oberflächen- oder Grundwasser entnommen wurde. Unser Leitungswasser gehört entsprechend zum blauen Wasser. Das graue Wasser ist der Wasserkörper, der im Rahmen der Produktion qualitativ verunreinigt wird. Auch das Wasser, welches theoretisch zur Verdünnung dieses verunreinigten Wassers zur Herstellung einer akzeptablen Qualität benötigt wird, kann dem grauen Wasser zugerechnet werden.

Eine weitere Einteilung des Wassers in fossiles Wasser (Tiefenwasser, nicht regenerierbar) und regenerierbares Grund- und Oberflächenwasser kann bei der Umweltbilanzierung vorgenommen werden. Die Verfügbarkeit von Wasser bzw. Wasserknappheit spielt ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Einschätzung der Wassernutzung. Ein hoher Einsatz grünen Wassers in Regionen mit großen Niederschlägen kann anders bewertet werden als in wasserarmen Gebieten. Entsprechend können die Angaben zur Wassernutzung um die Wasserverfügbarkeit korrigiert werden. Insgesamt ist ein hoher Anteil grünen Wassers an der Erzeugung eines Produkts in Regionen mit hohem Niederschlag weniger ökologisch bedenklich.

Die gesamte (Süß-)Wassernutzung durch menschliche Aktivitäten wird auf ca. 1800–2100 km3 pro Jahr geschätzt. Davon entfallen ca. 1400–1800 km3 auf die Erzeugung von Lebensmitteln. Für das Jahr 2018 wurde die Wassernutzung der Aquakulturproduktion insgesamt auf knapp 123 km3 geschätzt. Die Wassernutzung der Aquakultur hängt, wie auch andere Umweltauswirkungen, direkt mit dem Produktionssystem, der erzeugten Art usw. zusammen. Auch beim Wasser-Fußabdruck kommt dem eingesetzten Futtermittel, u. a. durch die pflanzlichen Anteile aus der Landwirtschaft, eine besondere Bedeutung zu. Eine Berechnung für den Wasser-Fußabdruck des Futters für Fisch und Krebstiere für das Jahr 2008 ergab eine Nutzung von 1974 l pro kg, davon 83 % grünes, 9 % blaues und 8 % graues Wasser. Als Summe ergab diese Schätzung 31 bis 35 km3 Wassernutzung durch kommerzielles Fischfutter. Für die Erzeugung in mariner Aquakultur stellt das Futter die Hauptquelle für die Wassernutzung dar. Nicht gefütterte marine Aquakultur, z. B. Algen und Weichtiere, hat daher einen besonders geringen (Süß-)Wasser-Fußabdruck. Wenn auch die Verdunstung von Wasser berücksichtigt wird, erhöht sich die Wassernutzung, v. a. in Teichwirtschaften. Teichwirtschaften können als Bestandteil des natürlichen Gewässerkörpers aber auch regional zur Stabilisierung des Grundwasserkörpers beitragen und damit einen wichtigen Beitrag zur Wasserwirtschaft vor Ort leisten.

Nährstoffeintrag (Eutrophierung) und Versauerung

Der Eintrag düngender Substanzen (Nährstoffe) wird allgemein als Eutrophierung bezeichnet. Wichtige Nährstoffe sind hierbei Stickstoff- und Phosphorverbindungen. Die Verfügbarkeit dieser Nährstoffe hat große Auswirkungen auf das Wachstum von z. B. Algen und Pflanzen und somit auch auf weitere Stufen der Ernährungspyramide und schlussendlich die Artenzusammensetzung eines Lebensraums. Sind übermäßig viele Nährstoffe vorhanden, kann daraus Sauerstoffmangel entstehen und das gesamte Ökosystem gefährdet werden. Die Umweltbilanz (LCA) enthält daher die Phosphat-Äquivalente (PO4eq) als Parameter des Eutrophierungspotenzials.

Das Eutrophierungspotenzial der Aquakultur ist in erster Linie abhängig vom Produktionssystem, der Art und dem eingesetzten Futter. Während die extensive Erzeugung von Algen und Muscheln an den Küsten sogar Nährstoffe aus der Landwirtschaft auf dem Weg ins Meer binden kann, tragen Stoffwechselprodukte, Dünger und Futter aus offenen Produktionssystemen potenziell Nährstoffe in die Gewässer ein. Klärvorrichtungen wie Schönungsteiche können die Aufbereitung des Wassers unterstützen. In Netzgehegeanlagen ist dies bspw. nicht möglich und die Nährstoffe gelangen direkt in das umgebende Ökosystem. (Teil-)Kreislaufanlagen stellen einen Sonderfall dar, denn das mit Nährstoffen angereicherte Haltungswasser wird in Filtersystemen aufbereitet und der anfallende Klärschlamm kann bspw. in der Landwirtschaft oder Biogasproduktion eingesetzt werden. Durch die Kopplung von Tiererzeugung in Aquakultur und Pflanzenproduktion in Hydroponik (sog. Aquaponik) können Teile der Nährstoffe aus der Aquakultur direkt wieder gebunden werden.

Die Emission säurebildender Substanzen, z. B. Abbauprodukte biologischer Abfälle, durch Industrie und Landwirtschaft in die Luft, die Böden und das Wasser sind ebenfalls Teil der Umweltbilanz. Das Versauerungspotenzial der verschiedenen Stoffe wird in Schwefeldioxid-Äquivalenten (SO2eq) ausgedrückt. Die Auswirkungen können überaus komplex sein, wie Schäden an der Vegetation oder auch die erschwerte Schalenbildung von Muscheln. Das Versauerungspotenzial der Aquakultur ist – ebenso wie das Eutrophierungspotenzial – stark von den Produktionsbedingungen und der Art abhängig.

Biodiversität

Unter der Biodiversität, auch biologische Vielfalt, versteht man die Vielfalt der Ökosysteme, die genetische Vielfalt und den Reichtum an Arten bei Tieren, Pflanzen, Pilzen und Mikroorganismen. Häufig wird der Begriff Artenvielfalt als Synonym verwendet, dieser deckt jedoch lediglich einen dieser drei Aspekte ab. Die Biodiversität ist eine wesentliche Grundlage des menschlichen (Über-)Lebens auf der Erde. Sie sichert Stoffkreisläufe, die Anpassungsfähigkeit und auch die Nutzung der Natur, z. B. durch die Landwirtschaft und Aquakultur. Die biologische Vielfalt ist durch verschiedene Faktoren gefährdet. Besonders gefährdend sind die Veränderung natürlicher Lebensräume durch Landnutzung, Klimaänderungen, Nähr- und Schadstoffbelastungen (Ökotoxizität), Übernutzung von natürlichen Ressourcen und das Auftreten invasiver Arten.

Die Aquakultur wirkt wie auch andere menschliche Aktivitäten auf die Biodiversität. Neben dem Eintrag von Schad- oder Nährstoffen, der Land- und Wassernutzung und der Emission von Treibhausgasen kann die Aquakultur Druck auf die natürlichen Ressourcen und Ökosysteme auslösen oder vergrößern. Escapees („Ausbrecher“) aus der Haltung in Aquakultur können gebietsfremde (invasive) Arten sein oder die genetische Vielfalt der natürlichen Populationen gefährden. Die Entnahme von Fischbrut oder Jungfischen für die Mast, z. B. beim Aal, kann neben der Fischerei für die Produktion von Futtermitteln den Druck auf die natürlichen Bestände erhöhen. Massenhaft in offenen Aquakultursystemen auftretende Krankheiten oder Parasiten, z. B. die Lachslaus, können Wildfische gefährden.

Die Aquakultur kann jedoch auch zur Biodiversität beitragen. Durch die Erzeugung von Organismen für den Besatz können gefährdete oder bereits verschwundene Arten wieder im Lebensraum angesiedelt werden. Einige Produktionsformen gelten auch als unterstützend für die Artenvielfalt. Traditionelle Teichwirtschaften können bspw. zahlreichen Arten einen Lebensraum bieten. Dies kann sich positiv oder auch negativ auf den Ertrag auswirken. Während bspw. rastende Zugvögel Dünger einbringen, stellt die Prädation durch fischfressende Tiere, wie Reiher, Kormorane oder Fischotter, eine große Herausforderung dar.

Umweltauswirkungen der Aquakultur: Unterschiedliche Auswirkungen

Die globale Aquakultur ist ein sehr diverser Sektor mit zahlreichen Algen-, Weichtier-, Schalentier- bzw. Krebstier- und Fischarten sowie weiteren Organismen. Die Erzeugung findet in sehr unterschiedlichen Produktionssystemen statt, von der extensiven Kultur von Makroalgen oder Muscheln an den Küsten bis zu hochtechnisierten, intensiven Kreislaufanlagen. Die Wechselwirkungen können je nach Bedingung und Produktionsform erheblich von einem errechneten Durchschnitt abweichen. Es empfiehlt sich also, die Umweltauswirkungen differenziert zu betrachten.

Grundsätzlich kann man zwischen offenen und geschlossenen sowie extensiven und intensiven Produktionssystemen in der Aquakultur unterscheiden. Unter offenen Systemen versteht man Anlagen, welche einen relativ unkontrollierten Austausch mit der umgebenden Umwelt erlauben. Hierzu gehören Teiche, Netzgehege oder auch die Produktion von Weichtieren und Algen in offenen Gewässern. In geschlossenen Systemen ist die Haltung von der Umwelt getrennt. Dies ist in Kreislaufanlagen mit angeschlossener Wasseraufbereitung und teilweiser Wiederverwendung der Fall. Zwischen diesen Kategorien gibt es einen fließenden Übergang, z. B. Teilkreislaufanlagen oder Durchflussanlagen mit angeschlossener Wasseraufbereitung.

In extensiven Systemen wird kein Futter durch den Menschen zugegeben, z. B. bei den meisten Formen der Muschelkultur. In intensiven Systemen, hierzu gehören viele Teichwirtschaften, Netzgehege und alle geschlossenen Systeme, werden die Zuchttiere ausschließlich gefüttert. Auch hier gibt es Übergänge, z. B. bei einer Zufütterung in semi-intensiven bzw. semi-extensiven Aquakulturen. Das eingesetzte Futter gilt generell als ein wesentlicher umweltrelevanter Faktor in der Aquakultur.

Je nachdem welche Wechselwirkung betrachtet wird, z. B. Eutrophierung, CO2-Fußabdruck, Wasser- oder Landnutzung, haben die Produktionssysteme mehr oder weniger starke Effekte auf die Umwelt. Während bspw. in einer Kreislaufanlage im Vergleich zu Teichen oder Netzgehegen kaum eine Gefahr für die Biodiversität aufgrund entkommener Individuen, Parasiten oder Krankheiten aus der Haltung besteht, verursacht der große technologische Aufwand mitunter höhere Energiekosten. Ein höherer Intensivierungsgrad kann für die Haltung eine geringere Landnutzung bedeuten, erfordert aber den Einsatz von komplexen Futtermitteln, deren Komponenten erzeugt, transportiert und verarbeitet werden müssen. Eine Makroalge, wie der Japanische Blatttang, benötigt wiederum kein Futter und kann sogar dazu beitragen, den Nährstoffeintrag durch andere Nutzungsformen aufzufangen und CO2 zu binden. Diese Beispiele verdeutlichen die Komplexität der Umweltauswirkungen der Aquakultur.

Bei der nachhaltigen Erzeugung von Lebensmitteln für eine wachsende Weltbevölkerung wird der Aquakultur mitunter großes Potenzial zugeschrieben. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass bei geeigneter Zusammenstellung der Produktionsparameter umweltwirksame Wechselwirkungen in der Aquakultur gering sein können. Dies gilt jedoch nicht in jedem Einzelfall. Insgesamt gilt es auch in der Aquakultur großen Herausforderungen im Zusammenhang mit den Umweltauswirkungen zu begegnen, wie der Erzeugung nachhaltiger Futtermittel, der Land- und Wassernutzung, dem Verlust von Biodiversität oder auch der Eutrophierung.

 

Die Umweltbilanz der Aquakultur: Fallbeispiele

Zahlreiche Studien haben die Umweltbilanzen verschiedener Arten und Produktionsparameter in der Aquakultur analysiert. Nachfolgend sind einige vergleichende Fallbeispiele aufgeführt. Die Methoden und Datengrundlagen können variieren.

Beispiel 1: Konventionelle und Bio-zertifizierte Karpfenerzeugung

Eine Studie stellte die Lebenszyklusanalysen (LCA) von Karpfen in konventioneller und zertifizierter traditioneller Teichwirtschaft in Deutschland gegenüber. Die Analyse ergab für die konventionelle Karpfenzucht u. a. höhere Indikatoren für den Klimawandel und die Wassernutzung, während in zertifizierter Teichwirtschaft das Versauerungs- und Eutrophierungspotenzial höher ausfiel. Unabhängig von der Zertifizierung waren das Futter und das Ausbaggern der Teiche wesentliche Ursachen in vielen Kategorien. Insgesamt stellte die Studie fest, dass die analysierten Karpfenteichwirtschaften in der Kategorie Klimawandel nur geringe Werte erzielten (im Vergleich mit Kreislaufanlagen oder anderen Formen der Produktion tierischer Erzeugnisse, wie Rind). Auch andere Umweltleistungen tragen zur Nachhaltigkeit dieser Produktionsform bei. Zur Studie

Beispiel 2: Austernproduktion im Po-Delta

Die Lebenszyklusanalyse (LCA) verglich zwei verschiedene Szenarien bei der Produktion von 1 kg frischer Pazifischer Felsenaustern (Marktgröße) im Po-Delta in Norditalien. Im einen Szenario stammten die Setzlinge aus Frankreich, im anderen wurden sie vor Ort erzeugt. Die größten Effekte wurden in der Mast beobachtet, welche in beide Szenarien vorkommt. Insgesamt schnitten beide Szenarien annähernd gleich ab. Nur wenn die ersten Stadien der Produktion betrachtet werden, führt allein der Setzlingstransport von Frankreich nach Italien ohne Berücksichtigung der Produktion vor Ort zu ähnlichen umweltrelevanten Auswirkungen wie eine Setzlingserzeugung in Italien. Diese wird daher empfohlen. Die AutorInnen der Studie heben außerdem hervor, dass zusätzlich zur geringen Emission von Treibhausgasen pro kg Austern auch umweltrelevante Leistungen von der Austernerzeugung an der Küste ausgehen, wie z. B. die Aufnahme von eingetragenen Nährstoffen. Zur Studie

Beispiel 3: Verschiedene Analysen von Produktionssystemen für Atlantischen Lachs

Eine Studie zur Umweltbilanz der Lachs-Aquakultur auf Basis von zahlreichen Einzelanalysen stellte fest, dass aufgrund von unterschiedlichen Datenerfassungen und von Datenlücken ein übergreifender Vergleich verschiedener Produktionsformen enorm schwierig ist. Statistisch wurde allerdings demonstriert, dass die Erzeugung im Meer (Netzgehege) im Vergleich zu landgestützten Anlagen (Kreislaufanlagen) einen geringeren Energieverbrauch hat, aber die Futterverwertung und das Eutrophierungspotenzial höher ausfallen. Zur Studie

Eine weitere Studie verglich Lebenszyklusanalysen (LCA) von konventioneller und zertifizierter Lachszucht (Aquaculture Stewardship Council, ASC). Untersucht wurde, ob die Umweltauswirkungen der zertifizierten Aquakultur geringer ausfallen. Es konnte nicht festgestellt werden, dass z. B. das Klimaerwärmungspotenzial in der zertifizierten Produktion geringer ausfällt. Vor allem das Futter der Lachse machte über 80 % der umweltrelevanten Einflüsse (Rückgang der Ozonschicht, Klimaerwärmungspotenzial, Versauerung, Umwelttoxizität) der untersuchten Aquakulturen aus. Entsprechend wird empfohlen, die Versorgungsketten der Futtermittel bei der Reduzierung der Umweltauswirkungen zu priorisieren. Zur Studie

In einer bereits oben im Abschnitt Transport vorgestellten Studie wurde gezeigt, dass ein Lachs aus einer Kreislaufanlage in den USA einen CO2-Fußabdruck (kg CO2eq pro kg) von 7,01 generierte, ein Lachs aus Netzgehege-Aquakultur in Norwegen dagegen 3,39. Der CO2-Fußabdruck fällt also mehr als doppelt so hoch aus. Beim Verzehr dieser Produkte in Nordamerika unter Berücksichtigung von Luftfracht und Kühlkette ändert sich der CO2-Fußabdruck der Produkte zu 7,41 (USA) verglichen mit 15,22 (Transport per Flugzeug aus Norwegen in die USA). Zur Studie

Seite teilen