Siegel & Zertifikate

Durch die Einführung von Qualitäts- oder Gütesiegeln (auch: Zertifikate, Label) für Produkte aus der Aquakultur ist es möglich diese mit Eigenschaften wie umweltfreundlich, ökologisch oder Nachhaltigkeit und Qualität zu verknüpfen. Abb.: Rechte der Logos liegen bei den Organisationen.

Auf einen Blick: Siegel und Zertifikate in der Aquakultur

Qualitätssiegel (auch: Label, Gütesiegel, Zertifikate, Gütezeichen) bieten durch die gut sichtbare Präsentation der Logos Anhaltspunkte zu den Erzeugungsbedingungen eines Produkts. Hierzu gehören bspw. Richtlinien zur Verringerung von Umweltauswirkungen, wie den Schutz von Mangroven, Maßnahmen des Tierschutzes, wie Besatzdichten oder Betäubung und Schlachtung, Vorgaben zu den eingesetzten Futtermitteln und ggf. Sozialstandards. Jedes Siegel garantiert hierbei die Einhaltung von eigenen Kriterien während des Produktionsprozesses. Die dabei zugrunde liegenden Kriterien und deren Gewichtung sowie deren Kontrollen und die Laufzeit der Vergabe können je nach Zertifikat sehr unterschiedlich ausfallen. Unternehmen können sich für einen oder auch mehrere der Zertifizierer entscheiden und im festgelegten Prozess die Berechtigung erhalten, ihr Produkt mit dem entsprechenden Label (Logo) zu versehen. Die in Deutschland bzw. der EU und teilweise auch global gängigen Siegel sind die Label der folgenden Zertifizierer: Aquaculture Stewardship Council (ASC), Best Aquaculture Practices (BAP), Friend of the Sea (FOS), Naturland, das EU-Bio-Siegel bzw. das deutsche Bio-Siegel und das GGN-Label von GlobalG.A.P. (Good Agriculture Practice).

Der Hauptartikel enthält umfangreiche Informationen zu den verschiedenen Siegeln, Besonderheiten, Vorteilen und häufigen Kritikpunkten.

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Was bieten Gütesiegel in der Aquakultur?

In den Supermärkten, Discountern, bei Groß- und Einzelhändlern, auf dem Wochenmarkt oder auch in der Gastronomie werden verschiedene Erzeugnisse aus der Aquakultur angeboten. Zum Großteil werden diese importiert. Einen Überblick über die Erzeugungsbedingungen der Produkte zu erlangen, ist für VerbraucherInnen und den Handel mitunter eine Herausforderung. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein angebotenes Produkt den gesetzlichen Rahmenbedingungen im Einfuhrland hinsichtlich der Produktqualität (Haltbarkeit, Inhaltstoffe und deren Deklaration) entspricht. Außerdem gelten in den Erzeugerländern zum Teil erheblich voneinander abweichende Regelungen und Rahmenbedingungen zur Produktion in Aquakultur. Diese sind jedoch sowohl Laien als auch ExpertInnen mitunter kaum zugänglich. Die gut sichtbaren Label (Logos) der Qualitätssiegel auf den Produktverpackungen sollen Hinweise zur Erzeugung vor Ort geben und garantieren die Einhaltung bestimmter, bspw. ökologischer oder auch tierschutzrelevanter Standards in der Produktion. In der Regel gehen diese (weit) über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinaus. Diese gut sichtbaren Qualitätssiegel sollen die Möglichkeit geben, ein Produkt mit Eigenschaften wie umweltfreundlich, tierwohlkonform etc. zu identifizieren und so verantwortungsvolle Kaufentscheidungen ermöglichen. Durch die zur Zertifizierung meist notwendigen Anpassungen in der Produktion sind diese Erzeugnisse oft hochpreisiger als vergleichbare Produkte aus konventioneller Erzeugung.

Die Zertifizierungsprozesse und Siegel für Aquakulturprodukte sind dabei oft sehr unterschiedlich. Ein übergeordneter Standard, der für alle Siegel gilt, existiert nicht. Jedes Siegel garantiert hierbei die Einhaltung der eigenen Kriterien. Die meisten, aber nicht alle der freiwilligen Zertifizierungsprozesse schließen neben Auswirkungen auf die Umwelt auch soziale Aspekte mit ein, die Kriterien variieren dabei aber erheblich (siehe Vergleichstabelle unten). Unternehmen können sich für einen oder auch mehrere der Zertifizierer entscheiden und im festgelegten Prozess die Berechtigung erhalten, ihr Produkt mit dem entsprechenden Label (Logo) zu versehen. Als Motivation zur parallelen Zertifikation durch verschiedene Anbieter kann die Akzeptanz bestimmter Siegel auf unterschiedlichen Märkten (z. B. Länder) dienen.

Was und wie wird zertifiziert?

Nicht alle der genannten Label bieten gesonderte Richtlinien für verschiedene Arten oder für alle gängigen Haltungsformen in der Aquakultur an. Zum Beispiel kann eine ausschließliche Produktion in Kreislaufanlagen zurzeit nur bei bestimmten Organisationen zertifiziert werden. Handelt es sich um eine von der Zielorganisation abgedeckte Kombination aus Art und Produktionssystem, sind die entsprechenden Richtlinien einzuhalten. Diese umfassen meist die Aspekte Fischernährung, hierbei unter anderem Herkunft und Zusammensetzung der Rohstoffe, Rückverfolgbarkeit, zudem werden die Einhaltung bestimmter Besatzdichten, Ausgleichsflächen und auch bestimmte Sozialstandards wie faire Bezahlung oder Arbeitsschutz berücksichtigt. Die Kriterien unterscheiden sich sowohl im Detailgrad der Vorgaben, aber auch bezüglich der einzuhaltenden Rahmenbedingungen und der Dokumentationspflichten zwischen den einzelnen Zertifizierungsorganisationen mitunter erheblich. So erlauben bspw. einige Richtlinien die Verwendung gentechnisch veränderter Organismen, sog. GMOs, im Futter während andere dies ausschließen (siehe Vergleichstabelle unten).

Nach einem Antrag auf Zertifizierung direkt bei dem Zertifizierer oder aber bei einem akkreditierten dritten Unternehmen beginnt der Zertifizierungsprozess. Sind alle Vorgaben der jeweiligen Richtlinien erfüllt, darf das nun zertifizierte Unternehmen das Logo auf den Produkten anbringen. Die Erfüllung der Richtlinien wird durch Prüfvorgänge (Audits) und über die teils umfangreiche Dokumentation kontrolliert. Bei Verstößen werden diese geahndet. Dies kann auch die Aberkennung des Siegels nach sich ziehen; vielfach werden den Unternehmen aber Fristen zur Nachbesserung eingeräumt. Auch hier gibt es große Unterschiede zwischen den verschiedenen Siegeln und kein einheitliches Vorgehen.

Übersicht über die verschiedenen Aquakultur-Qualitätssiegel

Heute gibt es viele verschiedene Qualitätssiegel für Aquakulturprodukte. Die in Deutschland bzw. der EU oder auch global gängigen Siegel sind die Label des Aquaculture Stewardship Council (ASC), von Best Aquaculture Practices (BAP), Friend of the Sea (FOS), Naturland, das EU-Bio-Siegel und das GGN-Label von GlobalG.A.P. (Good Agriculture Practice). Zusätzlich gibt es regionale oder seltenere Zertifikate, wie das Siegel Bio Suisse in der Schweiz, Bioland und Demeter. Grundsätzlich kann man zwischen dem staatlichen, gesetzlich geregelten Bio-Siegel nach EG-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau (EU-Bio-Siegel bzw. deutsches Bio-Siegel), welches in Deutschland von der Bundesanstalt für Ernährung (BLE) vergeben wird, und den verschiedenen nicht staatlichen Zertifizierungsorganisationen unterscheiden, die die Richtlinien nach eigenen Vorgaben entwickeln. Teilweise decken diese die EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau, also die Richtlinien des staatlichen Bio-Siegels, mit ab und haben diese um zusätzliche Anforderungen ergänzt. Alle hier im Detail vorgestellten Siegel sind sog. Verbrauchersiegel, d. h., sie finden sich auf Produkten für EndkundInnen im Handel.

In Deutschland bzw. der EU und teilweise auch global gängige Siegel für Aquakulturprodukte:

ASC – Aquaculture Stewardship Council

ASC

Der Aquaculture Stewardship Council (ASC) entstand 2010 aus den Aquakultur-Dialogen, welche vom World Wide Fund for Nature (WWF) angeregt und koordiniert wurden. Die aus diesen Dialogen entstandenen Standards bildeten durch die Beteiligung verschiedener Akteure, wie Wissenschaft oder Wirtschaft, Kompromisse aller Interessengruppen und wurden bzw. werden seitdem fortlaufend weiterentwickelt und ergänzt. Im Jahr 2012 wurden die ersten Farmen mit dem ASC-Siegel zertifiziert.

Aktuell existieren elf ASC-Standards für insgesamt 17 verschiedene Artengruppen, darunter Fische – wie Forelle, Pangasius, Lachs, Wolfsbarsch, Dorade oder Tilapien –, Muscheln – wie Miesmuscheln und Austern – sowie Garnelen. Weiter gibt es ein Modul zur Zertifizierung von Kreislaufanlagen und einen Futtermittelstandard. Während der ASC ausschließlich Aquakulturprodukte zertifiziert, behandelt das Partnerzertifikat des Marine Stewardship Council (MSC) Produkte aus der Fischerei. Seit Ende 2017 gibt es den gemeinsamen ASC-MSC-Standard für Algen. Der Zertifizierungsprozess erfolgt grundsätzlich nicht durch den ASC, sondern durch qualifizierte Dritte. So soll die Unabhängigkeit der Zertifizierung gewährleistet werden. Der Zertifizierungsprozess nimmt im Durchschnitt vier bis sechs Monate in Anspruch. Das ASC-Zertifikat hat dann eine Gültigkeit von drei Jahren mit jährlicher Kontrolle.

Alle ASC-Standards schließen Auswirkungen auf die Umwelt und soziale Aspekte ein. Sie bauen auf sieben grundlegenden Prinzipien auf: Einhaltung nationaler und lokaler Gesetze und Regularien; Schutz der natürlichen Lebensräume, der lokalen Biodiversität und des Ökosystems; Schutz der Wasserressourcen und -qualität; verantwortungsvoller Umgang mit Futter und anderen Ressourcen; Schutz der Vielfalt wildlebender Populationen; Verbesserung der Fischgesundheit und der kontrollierte und verantwortungsbewusste Umgang mit Antibiotika und Chemikalien; soziale Verantwortung der Unternehmen gegenüber ihren Arbeitskräften und der lokalen Bevölkerung.

Das türkisfarbene Logo (Siegel) des ASC mit dem Fischsymbol findet sich heute auf zahlreichen Produkten. Laut einer ASC-Marktanalyse aus dem Jahr 2021 trugen von 809 untersuchten Produkten bei insg. neun Einzelhandelsketten in Deutschland 72 % das ASC-Logo.

Besonderheiten: Derzeit arbeitet der ASC in einem mehrjährigen Prozess an der Zusammenführung zu einem übergeordneten Farm-Standard. Dieser soll Ende 2023 in Kraft treten.

 

BAP – Best Aquaculture Practices

BAP

Die Best-Aquaculture-Practices-Standards (BAP) werden von der Global Seafood Alliance (GSA; 1997 bis 2021 Global Aquaculture Alliance) festgelegt und kontrolliert. Sie beinhalten Tierschutz- und Nachhaltigkeitsaspekte ebenso wie Rückverfolgbarkeit und Lebensmittelsicherheit sowie soziale Verantwortung. Die Verwendung von pflanzlichen Alternativen für Fischmehl und -öl in Futtermitteln wird hierbei ausdrücklich unterstützt. Kern der Richtlinien ist der 2021 verabschiedete Farm-Standard. Zusätzlich gibt es Standards für Weichtiere, Brutanstalten (Hatcheries), Futtermühlen und den Standard für Lachszucht. Aktuell wird ein Standard für die Zertifizierung von Seegräsern entwickelt. Laut Angaben des Unternehmens waren im Dezember 2017 insgesamt 1850 Produktionseinrichtungen für das Siegel gelistet. Laut Auskunft der Organisation wird die gesamte Produktionskette, inkl. der Futterherstellung, Farm, Verarbeitung und Brutanstalten, einbezogen.

Besonderheiten: BAP bietet die Möglichkeit der nicht artspezifischen übergreifenden Zertifizierung von Fischen und Krebstieren, welche nicht in Einzelstandards erfasst werden (z. B. für Arten, die in geringeren Mengen produziert werden und daher aus der Zertifizierung anderer Organisationen herausfallen).

 

EU-Bio bzw. deutsches Bio-Siegel

Staatliches Bio-Siegel

Im Jahr 2007 wurde ein eigener Bereich zur ökologischen Aquakultur in die EU-Öko-Basisverordnung aufgenommen (EG Nr. 834/2007). Diese Verordnung wurde zum 01.01.2022 aufgehoben und durch die Verordnung (EU) 2018/848 ersetzt. Bei der Bio-Aquakultur steht die kontrollierte Zucht von Fischen unter Berücksichtigung gesundheitlicher und ökologischer Aspekte im Vordergrund. Wesentliche Unterschiede zur konventionellen Aquakultur sind, dass die Fische in bestimmten maximalen Besatzdichten gehalten werden müssen und nur Futtermittel aus ökologischer Produktion (eine Ausnahmeregelung galt bis 2014) verwendet werden dürfen. Die Haltung in geschlossenen Kreislaufanlagen ist nur für die Aufzucht von Brut und Jungtieren zulässig. Die Verwendung von pflanzlichen Bestandteilen bei Futtermitteln für karnivore (fleischfressende) Fische ist derzeit eingeschränkt. Das staatliche Öko-Siegel wird von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) vergeben. Für dieses Bio-Siegel gelten dieselben Kriterien wie für das EU-Bio-Siegel. Mindestens einmal jährlich wird jeder zertifizierte Betrieb von einer unabhängigen und staatlich anerkannten Kontrollstelle überprüft.

Teil III der Verordnung (EU) 2018/848 enthält Produktionsvorschriften für Algen und Aquakulturtiere. Hier werden neben allgemeinen Anforderungen, wie der Schutz von Mangroven oder der Standortwahl, Regelungen für die Erzeugung oder Sammlung von Algen und Vorschriften für Aquakulturtiere aufgeführt, wie zur Herkunft der Tiere oder der Ernährung. Die Fütterung von karnivoren Arten soll z. B. nach einer Rangfolge von Futtermitteln aus ökologisch/biologischer Aquakulturproduktion, über Fischmehl und Fischöl aus nachhaltiger Fischerei (nicht für den menschlichen Verzehr bestimmt) bis zu ökologisch/biologischen Einzelfuttermitteln pflanzlichen oder tierischen Ursprungs erfolgen (3.1.3.3 a-e). Futtermittel für Geißelgarnelen und Süßwassergarnelen (Macrobrachium spp.) dürfen maximal 25 % Fischmehl und 10 % Fischöl aus nachhaltiger Fischerei enthalten, während Haiwelse (Pangasius spp.) maximal 10 % Fischmehl oder Fischöl aus nachhaltiger Fischerei erhalten dürfen (3.1.3.4. c).

Zurzeit sind insgesamt 97.834 Produkte von 6.582 Unternehmen für die Kennzeichnung mit dem nationalen staatlichen Bio-Siegel in der Bio-Siegel-Datenbank registriert (Stand: 30. April 2022). Laut einer Studie machte die ökologische Aquakulturproduktion in der EU im Jahr 2020 einen Anteil von 9,1 % aus, darunter ca.  42.000 t Muscheln, knapp 13.000 t Lachs, ca. 4.600 t Forellen und 3.228 t Karpfen.

Besonderheiten: Das EU-Bio-Siegel schließt keine sozialen Aspekte mit ein.

 

FOS – Friend of the Sea

FOS

Das weltweit verbreitete Logo von Friend of the Sea (FOS oder FOTS) wurde 2005 von Paolo Bray, dem europäischen Direktor des Dolphin-Safe-Labels, gegründet. Die zugrunde liegenden Kriterien wurden ursprünglich von FOS selbst festgelegt, orientierten sich aber an den Richtlinien für nachhaltige Fischerei (vor allem für die Produktion von Fischmehl und -öl) der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (UN FAO, Food and Agriculture Organisation). Im Bereich Aquakultur müssen Produzenten u. a. jährlich eine CO2-Bilanzierung vorlegen mit dem Ziel der Verringerung von Emissionen. Weiter sind der Schutz kritischer Habitate wie Mangroven, Verzicht auf genetisch veränderte Organismen und Wachstumshormone sowie die Reduzierung des Entkommens von Zuchtfischen (sog. Escapees) Bestandteil der Richtlinien. In den Bereichen nachhaltig produzierte Futtermittel und Besatzdichten werden keine Grenzwerte angegeben oder Empfehlungen ausgesprochen und es wird keine komplette Rückverfolgbarkeit verlangt.

Besonderheiten: Friend of the Sea ist der einzige Standard, der nachhaltige Fischerei und Aquakultur gleichermaßen abdeckt.

 

GGN von GlobalG.A.P.

GGN

Das GGN-Siegel ist das Verbrauchersiegel von GlobalG.A.P., welches 1997 mit dem Ziel eingeführt wurde anerkannte Standards für eine „Gute Praxis in der Landwirtschaft“ (Good Agriculture Practice, GAP) zu etablieren. Im Jahre 2004 wurden diese Standards zunächst als sog. B2B-Label, d. h. zunächst nicht als Verbrauchersiegel, sondern nur für den Handel, auch für die Aquakultur ausgearbeitet. Das GGN-Verbrauchersiegel für die Aquakultur wurde 2016 gestartet. GGN steht hierbei für „GlobalG.A.P. Nummern“. 2017 kam der Zierpflanzenbau und 2021 auch Obst- und Gemüsebau hinzu. Seit April 2021 gilt das allgemeine GGN-Siegel für alle genannten Kategorien. Alle Produkte mit GGN-Siegel stammen von Unternehmen oder Unternehmensgruppen, deren Produktionsprozess durch die Standards von GlobalG.A.P. oder von GlobalG.A.P. als gleichwertig akzeptieren Standards zertifiziert wurden.

Der Integrated Farm Assurance (IFA) ist hierbei der zu Grunde liegende Standard von GlobalG.A.P., dem laut Unternehmensangaben über 200.000 Betriebe angehören. Ergänzt wird der IFA-Standard durch die Standards GlobalG.A.P. Chain of Custody (Verhinderung von Versmischung mit nicht zertifizierten Produkten) und den GlobalG.A.P. Assessment of Social Practice (soziale Aspekte).

Der Aquakulturstandard (IFA Aquaculture Standard) umfasst die Bereiche Lebensmittelsicherheit, Tierwohl bzw. Tierschutz, Arbeitsschutz, Umweltschutz und soziale Faktoren bei der Produktion für insgesamt 36 Arten. Die Standards für die Zertifizierung betreffen alle Stufen des Produktionsprozesses, von der Futtermittelherstellung über die Larvenproduktion bis zur Mast und Schlachtung. Grundlegend sind dabei die nachweisbare Trennung und die damit einhergehende Rückverfolgbarkeit einzelner Produktionsschritte.

Besonderheiten: Transparenz über die gesamte Liefer- bzw. Produktionskette ist selbsterklärter Kern der Zertifizierung. Die 13-stellige Identifikationsnummern (GGN – GlobalG.A.P. Nummer) auf dem Produkt ermöglicht es VerbraucherInnen über das Suchsystem auf dem Portal ggn.org das Betriebsprofil des produzierenden Unternehmens aufzurufen.

 

Naturland

Naturland

Seit Mitte der 1990er-Jahre hat der Naturland-Verband Richtlinien für verschiedene Arten und Haltungssysteme der Aquakultur entwickelt und gilt somit als Vorreiter der Öko-Zertifizierung in der Fischzucht. Naturland schreibt neben produktionstechnischen, auch soziale Standards vor. Kern der Zertifizierung von Aquakulturbetrieben durch Naturland sind die Richtlinien für ökologische Aquakultur. Diese beinhalten neben allgemeinen Regelungen, z. B. zu Standortwahl, Fütterung, Transport und sozialer Verantwortung, ergänzende Vorschriften für die folgenden Arten(gruppen) und Produktionssysteme: Karpfen und Beifische in Teichwirtschaft; Salmoniden (Forellenartige) und Coregonen in Teichen, Durchflussanlagen und Netzgehegen; Muscheln an Leinen und Gestellen; Krebstieren in Teichen; tropische Süßwasserfische wie Tilapia und Pangasius in Teichen und Netzgehegen; Barsch-, Stachelmakrelen- und Dorschartige in marinen Netzgehegen. Außerdem sind Vorgaben für die Aquakultur von marinen Makro- sowie Mikroalgen enthalten.

Der Einsatz von genetisch veränderten Organismen ist untersagt und strenge Vorgaben regeln Natur- und Tierschutz. Die Aufzucht und Mast in künstlichen Behältnissen (z. B. in Kreislaufanlagen) ist nach den Richtlinien von Naturland nicht zulässig. Die Einhaltung der Richtlinien wird mindestens einmal jährlich bei angemeldeten oder auch unangemeldeten Kontrollen durch Beauftragte von Naturland e. V. überprüft.

Besonderheiten: Neben dem Naturland-Label für die Aquakultur gibt es auch ein Label für die Fangfischerei (Naturland Wildfisch).

Weitere Siegel für Aquakulturprodukte:

Neben den genannten Siegeln für Aquakulturprodukte gibt es weitere, mitunter regionale und seltenere Qualitätssiegel für KonsumentInnen oder auch den B2B-Bereich. Hierzu gehören:

Bio Suisse

Erzeugerbetriebe in der Schweiz können seit dem Jahr 2000 das Siegel von Bio Suisse erlangen. Hierfür sind die Anforderungen für die biologische Aquakultur nach den entsprechenden Richtlinien einzuhalten. Diese umfassen u. a. die gesamtbetriebliche Bioproduktion, den Ausschluss des präventiven Einsatzes von Hormonen, Antibiotika und Wachstumsförderern sowie der Gentechnik, eine Begrenzung der Besatzdichte und die Festlegung einer Mindesthaltungsdauer, die Verfügbarkeit von Rückzugsmöglichkeiten und Schattenplätzen in den Teichen und Naturböden, ökologische Ausgleichsflächen auf den Betrieben, die Verwertung der Teichrückstände als Dünger in der Biolandwirtschaft, eine Reinigung und Desinfektion nur mit den umweltverträglichsten Mitteln und eine Bio-Suisse-konforme Fütterung.

Demeter

Als einer der größten Öko-Anbauverbände Deutschlands arbeitet der Demeter e. V. mit dem Ziel einer sog. biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise. Die Produktion in Aquakultur stellt nur einen kleinen Teil der durch Demeter zertifizierten Produkte dar. Grundlage der Demeter-Kriterien sind die Richtlinien des EU-Bio-Siegels. Diese werden in den Demeter-Richtlinien ergänzt bzw. erweitert. Betriebe müssen eine Kreislaufwirtschaft installieren, hierzu zählt auch die Tierhaltung, und mindesten 10 % Biodiversitätsflächen vorhalten. Regelmäßige Kontrollen durch anerkannte, unabhängige Stellen prüfen die Einhaltung. Die Richtlinien speziell für die Aquakultur setzen u. a. eine Obergrenze für Wildfisch und Zutaten aus Wildsammlung im Futter (5 %). Diese müssen wiederum aus zertifizierten Wildbeständen stammen. Das Endprodukt muss mindestens 70 % von Demeter zertifizierte Zutaten enthalten. Diese zulässige Höchstmenge schließt die Haltung bestimmter Fischarten, v. a. Raubfische, nahezu aus.

Bioland

Auch der Anbauverband Bioland hat Richtlinien für Aquakulturen erlassen. Obwohl zurzeit Karpfen mit dem Label von Bioland erzeugt werden könnten, sind aktuell keine Produkte mit Bioland-Siegel verfügbar. Da der Verband Wildfang mit der Begründung von ungewolltem Beifang und Überfischung ablehnt, darf kein Fischmehl in der Produktion eingesetzt werden.

 

Kritik an Gütesiegeln

Die gut sichtbaren Logos auf den Produktverpackungen sollen den VerbraucherInnen Orientierung beim Einkauf bieten. Durch die Vielzahl verfügbarer Zertifikate für Aquakulturprodukte ist es nicht immer einfach, einen guten Überblick zu behalten und die verschiedenen Standards klar voneinander abzugrenzen. Grundsätzlich garantieren alle Zertifikate bei Einhaltung der entsprechenden Richtlinien eine ökologisch nachhaltigere Produktion im Vergleich zu den gesetzlichen Mindeststandards. Die Details und Richtlinien unterscheiden sich mitunter stark. Dies lässt sich an den folgenden Beispielen verdeutlichen.

Vergleichstabelle Siegel in der Aquakultur

Auch die verschiedenen Siegel und zugrunde liegenden Zertifizierungsprozesse stehen mitunter in der Kritik. Angeführt werden bspw. mangelnde Transparenz oder Kontrolle, Fragen zur Eigenfinanzierung, Mängel in den Richtlinien, wie fehlenden Sozialstandards, veraltete wissenschaftliche Grundlagen oder auch eine übergreifende Definition bestimmter Haltungsparameter für teilweise sehr unterschiedliche Tierarten. Einige Zertifizierer definieren für die Haltungsbedingungen artübergreifende Standards, d. h., sie gelten für verschiedene Arten gleichermaßen. Dies macht jedoch meist nur bei sehr nahe verwandten Arten Sinn. Da Fisch-, Krebstier- und Muschelarten sehr unterschiedliche Lebensweisen haben, sollten diese berücksichtigt werden. So ist bspw. für bodenlebende Plattfische vor allem die zur Verfügung stehende Bodenfläche ausschlaggebend für den Besatz, nicht das Wasservolumen wie bei Forellen, welche die gesamte Wassersäule nutzen. Artspezifische Standards sind bei der Vielzahl an Arten (siehe Aquakultur in Zahlen oder Diversifizierung) in der globalen Aquakultur eine Herausforderung; dennoch sollte die Biologie der Zielart im Zertifizierungsprozess maßgeblich berücksichtigt werden.

Weiter wird mitunter als Kritik angeführt, dass der Zugang zur Zertifizierung durch die umfangreichen Dokumentationspflichten für kleine Unternehmen oder solche, die Aquakultur im Nebenerwerb betreiben, schwierig ist. Durch fehlende Zertifizierung bleibt diesen kleineren ProduzentInnen der Zugang zu hochpreisigen Marktsegmenten verwehrt. Da der Zertifizierungsprozess insgesamt keine Rücksicht auf die Transportwege der Produkte nimmt und diese v. a. für den CO2-Fußabdruck mitentscheidend sein können (siehe Artikel Umweltauswirkungen), kann auch nicht zertifizierte regionale Produktion benachteiligt sein. Die Folge der Zertifizierung ist ein höherer Preis des Produkts, denn der Prozess und die Einhaltung der Richtlinien sind aufwändig. Die Preissteigerung, die für das Endprodukt zu erzielen ist, ist u. a. abhängig von der erzeugten Art. So entstehen in extensiver Aquakultur von bspw. Muscheln keine Mehrkosten durch die Verwendung bestimmter Futtermittel. Für andere Arten unterliegen die Futtermittel bereits bestimmten Richtlinien, um ein Siegel für das Endprodukt zu erhalten. Die fortlaufende Weiterentwicklung und Anpassung der Aquakultur als sehr dynamischer Sektor der Lebensmittelproduktion kann eine Aktualisierung der Standards erfordern. Einige der o. g. Organisationen geben Einblick in diese Prozesse auf den entsprechenden Webseiten.

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